Seit vier Jahrzehnten kämpft die kurdische Arbeiterpartei PKK gegen den türkischen Staat. Zehntausende sind gestorben. In der Zeit haben sich die Ziele geändert. Friedensbemühungen scheiterten. Anführer Öcalan ruft nun zur Auflösung der Gruppierung auf. Unklar ist, wie viel Einfluss der 75-Jährige noch hat.
Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) führt seit vier Jahrzehnten einen blutigen Kampf gegen den türkischen Staat, etwa 45.000 Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen. Die Gruppe wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft. Ihr Gründer, der Kurdenführer Abdullah Öcalan, sitzt seit 1999 wegen Hochverrats auf der Insel Imrali nahe Istanbul in Haft.
Der 75-jährige PKK-Gründer wurde maßgeblich durch politischen Unruhen in den 1970er Jahren geprägt. Nach seinem Studienabbruch an der Universität Ankara kehrte er der türkischen Linken den Rücken. Der aus Südostanatolien stammende Öcalan gründete die PKK 1978 in der Provinz Diyarbakir im Südosten der Türkei als marxistisch inspirierte Organisation. Ihr ursprüngliches Ziel war der Aufbau eines sozialistischen Kurdenstaats für das in der Türkei unterdrückte Volk, dessen Angehörige auch in Syrien, im Irak und im Iran leben. Die Kurden sind der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge mit über 30 Millionen Menschen weltweit eines der größten Völker ohne eigenen Nationalstaat.
In Kenia festgenommen
1980 zwang der Militärputsch in der Türkei die PKK und ihren Anführer ins Exil nach Syrien und in den Libanon. 1984 rief Öcalan zur Durchsetzung seiner Ziele zum bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat auf. Die PKK agierte dabei vor allem über Guerillagruppen in der Türkei und im Norden des Irak und Syriens. Es begann eine Spirale der Gewalt zwischen PKK-Kämpfern und türkischen Kräften, durch die zehntausende Menschen getötet wurden, darunter auch viele Zivilisten. Der Konflikt konzentrierte sich hauptsächlich auf die kurdisch geprägten ländlichen Gebiete, es wurden aber auch Anschläge in Istanbul und Ankara verübt.
Als der ins Exil geflohene Öcalan 1999 in Kenia vom türkischen Geheimdienst festgenommen, in die Türkei gebracht und dort zum Tode verurteilt wurde, versetzte das der Gruppe einen schweren Schlag. Öcalan entging der Hinrichtung durch die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei. Seither verbüßt er eine lebenslange Haftstrafe auf der Gefängnisinsel Imrali bei Istanbul.
Die PKK rückte später von ihrem ursprünglichen Ziel eines eigenen Kurdenstaats ab. Heute will sie politische und kulturelle Rechte für die Kurden innerhalb des türkischen Staatsgebietes durchsetzen.
Öcalans Ansehen bei den Kurden und sein Einfluss auf die PKK mit ihren mehreren tausend Kämpfern sind jedoch ungebrochen. Sowohl die PKK-Kommandeure, die sich im nordirakischen Kurdengebiet verschanzen, als auch die führenden politischen Vertreter der PKK im europäischen Exil erkennen Öcalan nach wie vor als höchste Instanz an.
Tausende Anhänger in Deutschland
In Deutschland ist die PKK mit Tausenden Anhängern laut Verfassungsschutz mit Abstand die größte nicht-islamistische, extremistische Ausländerorganisation. Nach mehreren gewaltsamen Aktionen der PKK auf deutschem Gebiet und auf türkisches Drängen hin erließ das Innenministerium im Jahr 1993 ein Betätigungsverbot.
Über die Jahrzehnte hinweg verkündete die PKK mehrfach Waffenruhen, die jedoch nie lange hielten. Am 21. März 2013 rief Öcalan anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes die PKK auf, die Waffen niederzulegen - während Abgeordnete der pro-kurdischen Partei HDP - heute DEM - Verhandlungen mit der islamisch-konservativen Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan aufnahmen.
Öcalan forderte den Rückzug der 1500 bis 2000 Kurdenkämpfer aus der Türkei, um dem Friedensprozess eine Chance zu geben. Es war der erste richtige Waffenstillstand - doch auch dieser hielt nicht lange. Bereits 2015 endete die Waffenruhe wieder - nach einem tödlichen Anschlag auf kurdische Ziele nahe der syrischen Grenze. Das Scheitern dieser Gespräche im Juli 2015 führte zur bislang blutigsten Phase des Konflikts mit massiven Zerstörungen in mehreren Städten der südöstlichen Türkei.
Danach verstärkte die türkische Luftwaffe ihre Angriffe auf PKK-Ziele - es folgten verheerende Kämpfe im Südosten des Landes. Die PKK-Kämpfer zogen sich in den Nordirak und nach Syrien zurück. Die türkische Armee richtete in Nordsyrien eine international kritisierte "Sicherheitszone" ein. Im Dezember 2024 räumt sie die Präsenz von 16.000 bis 18.000 Soldaten in dem Gebiet ein.
YPG kontrolliert ein Drittel Syriens
Im Oktober ging der ultrarechte, nationalistische MHP-Vorsitzende Devlet Bahceli auf die PKK zu. Er schlug vor, Öcalan solle im Parlament die Auflösung der PKK und einen Gewaltverzicht verkünden. Erdogan unterstützte den Vorschlag. Danach durfte eine Delegation der pro-kurdischen Partei DEM Öcalan erstmals einen Besuch im Gefängnis abstatten. Trotz seiner langen Haft gilt Öcalan weiterhin als einflussreiche Figur, auch wenn unklar bleibt, wie viel Kontrolle er noch über die aktuelle PKK-Führung in den irakischen Bergen hat.
Aktuell konzentrieren sich die Kämpfe auf den Nordirak, wo die PKK in den Bergen Stützpunkte unterhält. Die türkische Armee geht gegen diese mit Kampfjets und Drohnen vor. Der Irak kritisierte lange die Verletzung seiner Souveränität, stufte die PKK aber kürzlich erstmals selbst als verbotene Organisation ein. In Syrien sorgt die PKK-nahe YPG-Miliz für internationale Spannungen: Während die Türkei sie als Terrororganisation bekämpft, ist sie gleichzeitig einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Kampf gegen die Extremistengruppe Islamischer Staat. Die YPG kontrolliert etwa ein Drittel Syriens östlich des Euphrat. Seit dem Fall von Ex-Präsident Bashar Al-Assad hat Ankara den Druck auf die YPG erhöht und fordert deren Auflösung.
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