Zuletzt war es vergleichsweise ruhig um Julia Klöckner – nun aber strebt die CDU-Politikerin und frühere Landwirtschaftsministerin das zweithöchste Staatsamt an: Ihre Fraktion hat sie für den Posten der Präsidentin des neugewählten Bundestags nominiert. Am Dienstag dürfte sie auf der konstituierenden Sitzung gewählt werden.
Doch schon vor Amtsantritt sorgte ein erstes Vorhaben der designierten Amtsinhaberin für Aufsehen. Klöckner wollte Medienberichten zufolge nämlich vor ihr Wahl am Dienstag auch der neu formierten Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland (AfD) einen Besuch abstatten. Nach Protesten von den Grünen aber unterbleibt dieser Antrittsbesuch nun, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) aus der AfD-Fraktionsspitze erfuhr.
Auf einer Pressekonferenz hatte die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin (ab 2018 im Kabinett Merkel) laut dem Blatt noch gesagt: „Ich habe angeboten, dass ich mich dem gesamten Parlament vorstelle, das heißt nicht, dass ich die Inhalte derjenigen teile, wo ich hingehe“. Dass eine führende CDU-Vertreterin auf Bundesebene auf die in Teilen rechtsextreme Partei zugeht, wäre eine Premiere, so der RND weiter.
Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) formulierten die Grünen ihren Protest daraufhin schriftlich. In dem Schreiben, das der dpa vorlag, luden die Co-Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Katharina Dröge und Britta Haßelmann, Klöckner zunächst auch zu einem Antrittsbesuch in ihrer Partei an, schoben dann aber nach: „Der medialen Berichterstattung entnehmen wir allerdings, dass Sie dieses Angebot zur Vorstellung nicht nur den demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag gemacht haben, sondern auch in Erwägung ziehen, eine Vorstellung auch bei der Fraktion der ‚Alternative für Deutschland‘ anzubieten.“
Haßelmann und Dröge baten um Klarstellung, ob dies zuträfe und warnten dann: „Es wäre das falsche Signal der Normalisierung gegenüber einer Fraktion, deren Abgeordnete mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Aussagen Politik machen.“ Nicht allein der Druck der Grünen sorgte dann aber laut Medienberichten für eine Absage an die AfD, vielmehr seien dafür vor allem Terminprobleme verantwortlich.
Laut dem RND wurde die AfD-Fraktionssitzung nämlich mittlerweile auf den Montagabend verlegt – ein Termin, den Klöckner nicht mehr hätte wahrnehmen können, weil sie offenbar zeitgleich schon der SPD zu deren Fraktionssitzung zugesagt hatte. Eine Kollision, die der CDU-Politiker womöglich gelegen kam, klar ist momentan aber nur: Den Besuch bei der AfD wird es nicht geben.
Beim Karneval wurde über „Julias Liebesnestle“ gespöttet
Damit gerät die CDU-Politiker schon vor Amtsantritt in die Konfliktlinien des sich konstituierenden neuen Parlaments. Dabei war die gebürtige Rheinland-Pfälzerin auch selbst nicht immer unumstritten.
In ihre Amtsbilanz als Agrarministerin fällt zum Beispiel das Tötungsverbot männlicher Küken. Auch die Einführung der Nährwertampel Nutri-Score und eine nationale Reduktionsstrategie für Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten gehen auf Klöckner zurück – Kritik brachte ihr damals ein, dass sie dabei auf Freiwilligkeit der Wirtschaft setzt. Vorschläge wie eine verpflichtende Limo-Steuer nach britischem Vorbild lehnte sie ab.
Noch lauter war die Kritik an Klöckners Nähe zu dem umstrittenen Lebensmittelkonzern Nestlé. Ein Karnevalswagen in Mainz zeigte sie 2020 gar in „Julias Liebesnestle“ kuschelnd mit dem Nestlé-Deutschland-Chef Marc-Aurel Boersch. Mit diesem hatte sie in einem Video posiert und sich für die Unterstützung für ihre Reduktionsstrategie bedankt.
2021 kehrte Klöckner als einfache Abgeordnete in den Bundestag zurück. Sie wurde wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion und 2022 Schatzmeisterin der CDU, womit sie wesentlich für die Finanzen ihrer Partei zuständig war.
Das bringt ihr mit Blick auf den neuen Job nun ebenfalls Kritik ein: Die Organisation Lobbycontrol sieht einen Interessenkonflikt, denn als Bundestagspräsidentin hätte Klöckner auch die Aufsicht über die Parteienfinanzierung. „Keine gute Wahl“ sei die CDU-Schatzmeisterin daher.
Debatten mit „Respekt und Würde“
Wenn es nach ihrer Partei geht, ist die 52-Jährige aber eine gute Wahl, und auch Klöckner selbst hat sich viel vorgenommen. Der Bundestag solle ein Ort sein, an dem „mit Respekt und auch mit Würde“ debattiert wird, sagte Klöckner anlässlich ihrer Nominierung auf Vorschlag von CDU-Chef Friedrich Merz. Sie sehe die Rolle des Bundestags darin, ein „Vorbild“ für die ganze Gesellschaft sein.
Eine Selbstverständlichkeit ist das längst nicht mehr – vor allem seit dem Einzug der AfD geht es in Bundestagsdebatten zeitweise recht ruppig zu. Die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) beklagte wiederholt, dass die Sprache im Plenum härter und diskriminierender geworden sei. Klöckner wird an der Spitze dieses debattenfreudigen Parlaments also viel Durchsetzungskraft beweisen müssen.
Klöckners Wahl an die Parlamentsspitze gilt als Formsache. Parteichef Merz formulierte bei Klöckners Vorstellung den wichtigen Auftrag, den die CDU-Politikerin als Bundestagspräsidentin wird umsetzen müssen: „Dieses Haus hier ist das Herz unserer Demokratie, und die Präsidentin wird darauf zu achten haben, dass dieses Herz nicht beschädigt wird.“
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