Gegen mehr als 20 große Anwaltskanzleien geht US-Präsident Trump vor - auch per Dekret. Eine der größten beugt sich nun dem Druck aus dem Weißen Haus. Sie sieht ihre Existenz bedroht. Die Entscheidung verursacht Schockwellen, Juristen äußern sich entsetzt.
Am Sonntag wurde der Kanzleivorsitzende von "Paul, Weiss" gegenüber den Angestellten deutlich. "Das Dekret hätte unsere Firma problemlos zerstören können", schrieb Brad Karp in einer Erklärung. Der Angriff war direkt aus dem Weißen Haus erfolgt. Also beugte sich "Paul, Weiss", eine der größten Kanzleien der USA, dem Präsidenten Donald Trump. Sie sah sich unter anderem dazu gezwungen, Trump anwaltliche Leistungen im Wert von 40 Millionen Dollar zu schenken und, so schrieb Trump triumphierend, auf Gleichstellungsprinzipien bei ihrem Personal zu verzichten.
Die Kanzlei sandte damit Schockwellen in die juristische Welt Washingtons. Parallel zu seinen Attacken gegen Richter, die Trump öffentlich infrage stellt und angreift, ist es eine weitere Front, an der das Weiße Haus versucht, seine Politik durchzusetzen. Trumps Dekret hätte den Anwälten von "Paul, Weiss" die Sicherheitsfreigaben entzogen sowie den Zugang zu Behördengebäuden versperrt. Ohne Sicherheitsfreigaben verlieren solche Kanzleien Klienten, sind möglicherweise existenzbedroht. "Paul, Weiss" vertritt viele Unternehmen. Trump drohte zudem, ihnen Regierungsaufträge zu entziehen. Nach dem "Deal" zog Trump sein Dekret wieder zurück.
"Paul, Weiss" ist nicht die einzige Kanzlei im Visier des Republikaners, könnte aber zum mahnenden Beispiel dafür werden, wie Trump potenzielle Kläger gegen seine Politik erfolgreich einschüchtert oder erpresst. Der Anwalt Mark Zaid, der viele Whistleblower vertritt, sagte "The Hill", es sei ein "schreckliches Signal", dass die Kanzlei "kapituliert hat, statt für die Rechtsstaatlichkeit einzustehen".
Trump habe seine Justizministerin Pam Bondi angewiesen, das Verhalten von Anwälten in den vergangenen acht Jahren in Gerichtsverfahren "umfassend zu überprüfen", schreibt das "Wall Street Journal". Demnach gibt es bereits eine Liste mit mehr als einem Dutzend Unternehmen, gegen die Trump Dekrete mit ähnlichen Strafen unterschreiben würde. Wer sich wehrt, der wird von Trump auch Folgen fürchten müssen, sagte Trumps Ex-Berater Steve Bannon: "Er wird diese Anwaltskanzleien in den Ruin treiben."
Feldzug gegen die Justiz und "Big Law"
"Paul, Weiss" beschäftigt rund 1000 Anwälte und meldete im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 2,6 Milliarden Dollar. Die Kanzlei sprach sich seit Trumps erster Präsidentschaft immer wieder öffentlich gegen dessen Politik aus und engagierte sich im Wahlkampf im vergangenen Jahr für die Demokraten. Gegen zwei weitere große Unternehmen hatte Trump ähnliche Anordnungen unterschrieben: "Convington & Burling" und "Perkins Coie". Auch sie vertreten oder beschäftigen politische Gegner.
"Perkins Coie" entschied sich, gegen das Dekret zu klagen. Die Kanzlei hatte im Jahr 2016 das Wahlkampfteam von Trumps Rivalin Hillary Clinton vertreten und das berüchtigte "Steele Dossier" über die mögliche Verschwörung von Trump und Russland in Auftrag gegeben. Ein Richter stoppte die Anordnung aus dem Weißen Haus in der vergangenen Woche vorerst. Sie sei aller Voraussicht nach illegal. "Es läuft mir kalt den Rücken runter", sagte der Jurist zu den Argumenten, dass der Präsident Personen und Unternehmen auf diese Weise bestrafen dürfe. Das US-Justizministerium warf dem Richter daraufhin Parteilichkeit vor und versuchte, ihm den Fall zu entziehen. Eine Entscheidung kann sich hinziehen.
Die Justiz ist die letzte Verteidigungslinie gegen die aggressive Vorgehensweise von Trumps Regierung. Im Kongress sind die oppositionellen Demokraten in beiden Kammern in der Minderheit, die Republikaner zugleich mit dem Weißen Haus auf Linie. In der Exekutive entfernen Trump und seine Minister an allen Ecken und Enden interne Kontrollinstanzen, die darauf achten, dass die Regierung legal handelt. Wie am Freitag: Da entfernte das Heimatschutzministerium DHS zwei Ombudsstellen sowie die Bürgerrechtsstelle, die sich mit Einwanderung und Abschiebungen befassen. Die bewaffnete Grenz- und Einwanderungsbehörde ICE, die Abschiebungen durchführt, gehört zum Ministerium.
Die Behörde zur "Chancengleichheit am Arbeitsplatz", geht gegen 19 weitere große Kanzleien, die auch "Big Law" genannt werden, wegen deren Gleichstellungsmaßnahmen beim Personal vor. Sie beruft sich auf ein Antidiskriminierungsgesetz der Bürgerrechtsbewegung von 1964 und stellt damit die Geschichte auf den Kopf. Trumps Regierung beendete auch in Behörden die Gleichstellungsprogramme und verbreiten den Mythos, Weiße wären von ihnen benachteiligt worden.
Institutionen sollen delegitimiert werden
Aggressiv gehen Trump und seine Mitstreiter auch gegen die Richter vor, die ihm Widerworte geben. Er diffamiert die Juristen öffentlich oder ruft zu ihrer Absetzung auf, wie im Fall der trotz anderslautender richterlicher Anordnung abgeschobenen Venezolaner in ein Hochsicherheitsgefängnis in El Salvador. Zugleich attackiert er nun mit harter Hand des Weißen Hauses auch diejenigen in Washington, die gegen Maßnahmen der Regierung vor Gericht ziehen. "Niemand kann sich auf die Rechtsstaatlichkeit verlassen, wenn Anwälte dafür bestraft werden, dass sie diese verteidigen", warnte der Rechtswissenschaftler Steven Lubet bei "The Hill".
"Trumps Vorgehensweisen entsprechen dem autoritären Schema", sagte die Harvard-Dozentin und pensionierte Richterin aus Massachusetts, Nancy Gertner, dem "Guardian". Es würden Institutionen delegitimiert, die Kritik üben könnten. "Trump versucht, die Macht des Präsidenten zu nutzen, um Institutionen wie Universitäten, Anwaltskanzleien, Richtern und anderen die Legitimität zu entziehen", so Gertner. "Das ist das Gegenteil der amerikanischen Demokratie." Weitere Juristen zeigen sich in den US-Medien geschockt.
Nach dem Paul-Weiss-Deal unterstrich Trump seine Absicht, gegen politische Gegner vorzugehen. Am selben Tag veröffentlichte er eine neue Richtlinie, in dem er die Regierung anwies, "Sanktionen gegen Anwälte und Kanzleien zu erwirken, die leichtfertige, unangemessene und schikanöse Gerichtsverfahren gegen die Vereinigten Staaten führen". Was bedeutet das genau? Unklar. Eine enorme Unsicherheit dürfte die Kanzleien erfasst haben. Sie werden sich sehr genau überlegen, ob sie sich mit der US-Regierung anlegen - und potenziell den Zorn des Weißen Hauses auf sich ziehen.
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