Eigentlich sollte Friedrich Merz noch vor Ostern als Bundeskanzler vereidigt werden. Daraus wird wohl nichts. Zu viele Punkte sind bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen strittig. Über einige sprechen die Gäste am Montagabend bei Hart aber fair.
Seit wenigen Tagen laufen die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen mit den Spitzen der Parteien. Bei "Hart aber fair" will Louis Klamroth mit seinen Gästen eine Zwischenbilanz ziehen. "Ist Schwarz-Rot auf einem richtigen Weg?", so das Motto der ARD-Sendung. Im Fokus stehen drei Themen: Wirtschaft, Steuern und Migration.
Eigentlich hatte die zukünftige Koalition ein Ziel: schnell regieren. Friedrich Merz sollte noch vor Ostern als neuer Kanzler vereidigt werden. Doch das wird kaum gelingen. Die CDU-Politikerin Serap Güler erklärt das so: "Ich glaube, es ist jetzt wichtig, dass wir nicht einfach nur schnell verhandeln, und am Ende, während des Regierens, feststellen, das war nicht ausdiskutiert, da haben wir komplett andere Vorstellungen. Um die Politikverdrossenheit nicht weiter zu befördern, sondern Vertrauen in die Politik zu stärken, kommt es jetzt darauf an, die strittigen Punkte zu einen, beziehungsweise da eine gemeinsame Lösung, einen gemeinsamen Weg zu finden. Und wenn es zwei Wochen länger dauert, dann ist es jetzt besser, als wenn man sich während des Regierens streitet."
"Gut ist wichtiger als schnell", sagt auch Ralf Stegner von der SPD. Man habe sich im Wahlkampf vorher gestritten, aber demokratische Parteien müssten in der Lage sein, auch wieder zusammenzufinden. Die Koalition dürfe nicht scheitern, so Stegner. Und: "Wir müssen Kompromisse finden."
Die Wirtschaftspolitik
Zum Beispiel in der Wirtschaftspolitik. Andrea Thoma-Böck leitet ein Familienunternehmen für Metallveredelung im Unter-Allgäu. Sie malt ein trauriges Bild: "Der Wirtschaft geht es sehr sehr schlecht, die Stimmung ist miserabel, sie könnte schlimmer nicht sein." Die Zahlen der Menschen in Kurzarbeit stiegen genauso wie die Insolvenzen von Unternehmen, kritisiert die Unternehmerin. Sie spricht von einem Kahlschlag der Industrie, den auch die Bevölkerung spüre. Thoma-Böck ist auch Mitglied der CSU, und sie kritisiert vor allem: "Es macht keinen guten Eindruck, dass man eine Umkehr der Wahlversprechen macht. Diese Kehrtwende in der Verschuldung macht einem Unternehmen große Sorgen." Denn das Infrastrukturpaket in Höhe von 500 Milliarden Euro müsse die nachfolgende Generation wieder zurückzahlen. Die Regierung habe kein glaubhaftes Strukturprogramm und keine Ideen, zu sparen. Sie fordert vor allem Planungssicherheit für die Unternehmen.
Vielleicht helfen aber auch Privatinitiativen, wie die des erfolgreichen Startup-Unternehmers Sebastian Klein. Der verzichtete auf 90 Prozent seines Vermögens und ist Mitglied der Initiative "Taxmenow". Er beklagt die Ungleichheit zwischen armen und reichen Menschen, die Klein "demokratiegefährdend" nennt. Serap Güler sieht diese Ungleichheit nicht. "Das ist nicht eines unserer überragendsten Probleme", beschwichtigt die CDU-Politikerin. Sie will erreichen, dass die Wirtschaft in Deutschland wieder in Gang kommt.
"Friedrich Merz verkörpert für mich Besitzstandswahrung", sagt Sebastian Klein - und er meint das nicht positiv. Er erinnert an die superreichen Familien, die ihr Vermögen vor allem durch Erbschaft erworben hätten. "Dieses Vermögen wird nicht verwendet, um unsere Wirtschaft zu stärken, es wird nicht in Arbeitsplätze investiert, das wird einfach als Privatvermögen zur Seite geschafft. Teilweise liegt es als Cashberge in Firmen, wird unversteuert darin gelassen." Die SPD sieht das ähnlich. Sie will deswegen eine Reichensteuer einführen. "Es geht um leistungsloses Einkommen", so Stegner. "Der Vermögenszuwachs muss besteuert werden."
Serap Güler möchte reiche Menschen nicht besteuern. Sie fragt: "Warum motivieren wir sie nicht dazu, Investitionen in Deutschland zu tätigen, womit wir auch Arbeitsplätze schaffen." Dafür müssten mehr Anreize geschaffen werden. "Das haben Sie schon seit dreißig Jahren nicht gemacht", antwortet Klein, der den Ansatz von Serap Güler offenbar nicht glaubhaft findet. Sein Vorschlag: "Wichtig ist, erstmal hinzugehen und abzustellen, dass die Reichsten in diesem Land Unternehmen im Milliardenwert erben können, also leistungsfrei geschenkt bekommen, und kein Prozent Steuern bezahlen müssen. Ich als Unternehmer, der sich so was selber aufbauen muss, fühle mich da verarscht."
Die Asylpolitik
Auch in der Migrationspolitik gibt es Streitpunkte zwischen Schwarz und Rot. Die Union will Leistungskürzungen für abgelehnte Asylbewerber, die SPD hat verfassungsrechtliche Bedenken. Zudem will die Union Asylverfahren in Drittstaaten verlegen.
Man habe sich aber auch in vielen Punkten geeinigt, zum Beispiel auf Zurückweisungen an den Grenzen, erklärt Serap Güler. Die Kommunen seien überlastet, stellt sie fest. "Und diese Überlastung kommt, weil zu viele Menschen reinkommen. Das sagen auch die Zahlen, dass über 50 Prozent derer, die reinkommen, gar nicht asylberechtigt sind, wir sie aber nicht zurückführen können." Das im Moment geltende Dublin-System sei dysfunktional, was man daran sehen könne, dass viele EU-Staaten Migranten bis an die deutsche Grenze durchreisen ließen, obwohl sie das nicht dürften. "Zu sagen, wir müssen uns an Europarecht halten, gilt einfach nicht mehr, kann auch gar nicht gelten, wenn alle um uns herum Europarecht brechen."
Bei dieser Diskussion bleibt Ralf Stegner recht still. Die SPD-Mitglieder werden per Urabstimmung über den Koalitionsvertrag mit der Union abstimmen, wenn er fertig ist. Die Sozialdemokraten haben sich mit der Union bereits auf Abschiebungen von Asylbewerbern an den Grenzen geeinigt. Wieso sie in diesem Punkt umgefallen sind, wird vielen Mitgliedern schwer zu vermitteln sein.
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