Die US-Regierung verlangt von allen Geschäftspartnern in der ganzen Welt die Einhaltung der neuen amerikanischen Vorschriften zur Einschränkung von Diversitätsprogrammen. Entsprechende Aufforderungen verschickten Botschaften an die Unternehmen, mit denen sie zusammenarbeiten. Dazu sollen beispielsweise der französische Telekom-Konzern Orange und ein großer europäischer Autobauer gehören.
Die diplomatische Vertretung der USA in Madrid äußerte sich öffentlich dazu. „Die US-Botschaft in Spanien, wie alle unsere Botschaften weltweit, kommuniziert die neuen Regeln, die US-Präsident Donald Trump per Erlass in kraft gesetzt hat, mit unseren lokalen Zulieferern von Produkten und Dienstleistungen“, sagte ein Sprecher der US-Botschaft in Madrid am Montag.
Bei der spanischen Regierung stieß das auf Kritik. Das spanische Arbeitsministerium erklärte dazu, die US-Vorgabe sei eine „ungeheuerliche Verletzung“ der strengen spanischen Anti-Diskriminierungsgesetze. Unternehmen, die sich an die neuen US-Vorgaben hielten, riskierten Ermittlungen der spanischen Behörden.
Trump hatte im Januar Ministerien und Bundesbehörden angewiesen, sämtliche Programme zu streichen, die Diversität, Gleichstellung und Inklusion fördern. Per Erlass kippte er zudem eine ganze Reihe von früheren, teils seit Jahrzehnten geltenden Dekreten, mit denen die Chancengleichheit bei der Beschäftigung und eine ausgewogene Besetzung der Belegschaft hinsichtlich Merkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht und Religion erreicht werden soll.
Ziel des Dekrets sei es, auch private Unternehmen, die Regierungsaufträge erhalten, davon abzubringen, Angehörige von Randgruppen einzustellen. So genannte DEI-Programme (das steht für Diversity, Equity, Inclusion, also Diversität, Gleichstellung und Inklusion) stellten eine „illegale Diskriminierung und Bevorzugung“ dar, hieß es in dem Erlass.
Der Botschaftssprecher aus Madrid sagte nun: „Wir wollen sicherstellen, dass unsere Verträge mit allen Anti-Diskriminierungsgesetzen des Bundes in Einklang stehen, und dass unsere Lieferanten keine Programme unterhalten, die entgegen der Bundesgesetze Diversität, Gleichstellung und Inklusion fördern.“ Das US-Außenministerium antwortete zunächst nicht auf die Bitte um Stellungnahme.
In dem Fragebogen wurden Unternehmen aufgefordert, die Einhaltung der Regelungen zu bestätigen. Einem Insider zufolge wurden diese Fragebögen an eine Reihe von Unternehmen geschickt, von Strom- und Wasserversorgern bis zu Zeitungen, die von der Botschaft abonniert werden, und Catering-Unternehmen. Unklar war zunächst, wie viele Unternehmen den Brief erhalten haben und wie viel ihre Verträge mit den US-Botschaften wert sind. Am Wochenende hatte zuerst die Zeitung „Les Echos“ über das Vorgehen der USA berichtet. Demnach wurden eine Reihe von französischen Unternehmen angeschrieben, darunter der Telekomkonzern Orange.
Frankreich will sich dem Druck aus den USA nicht beugen, Programme für mehr Vielfalt in Unternehmen aufzugeben. Kompromisse werde es nicht geben, betonte der französische Handelsminister Laurent Saint-Martin am Montag im Sender RTL Radio. Saint-Martin sagte, die französischen Behörden wollten von ihren US-Kollegen Erklärungen zu dem Schreiben einholen.
Die Forderungen umfassten laut dem Minister die Aufgabe von Integrationsmaßnahmen, die Teil der französischen und der EU-Gesetze sind, wie die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Bekämpfung von Diskriminierung und Rassismus oder die Förderung der Vielfalt, um Menschen mit Behinderungen zu helfen.
Barcelonas Bürgermeister spricht von einer „reaktionären Lawine“
„All dies ist ein Fortschritt, der zuallererst unseren französischen Werten entspricht, darauf sind wir stolz und wir wollen keine Kompromisse eingehen“, sagte Saint-Martin. „Wir können nicht einfach von heute auf morgen die Anwendung unserer eigenen Gesetze aufheben.“ Der Minister ergänzte, er sei zutiefst schockiert über den Brief der Botschaft. Zugleich betonte er die Notwendigkeit eines anhaltenden Dialogs mit den USA.
Die Tageszeitung „Le Figaro“ veröffentlichte einen Text, bei dem es sich um eine Kopie eines Briefes handele, den die Konzerne erhalten hätten. Darin hieß es, eine im Januar von Trump unterzeichnete Exekutivanordnung mit der Aufforderung zu einem Stopp von Initiativen für mehr Diversität und Inklusion in US-Behörden beziehe sich auch auf „sämtliche Zulieferer und Dienstleister der US-Regierung, ungeachtet ihrer Nationalität oder des Landes, in dem sie operieren“.
In Spanien gehörte etwa das Projekt American Space Barcelona in der städtischen Sant Andreu-Bibliothek dazu, das von der US-Botschaft unterstützt wird. In dem Projekt geht es etwa um englische Bücher, Kulturprogramme und Informationen über die USA. Der sozialistische Bürgermeister von Barcelona, Jaume Collboni Cuadrado, sprach lokalen Medien gegenüber von einer „reaktionären Lawine“, die die Regierung Trumps „auf Europa und die Werte, die wir verteidigen, niedergehen lässt“.
In Belgien erklärte Finanzminister Jan Jambon, dass die Europäer eine „Kultur der Nichtdiskriminierung“ pflegten, die weitergeführt werden müsse. „Wir haben keine Lektion vom Boss in Amerika zu lernen“, sagte er dem Sender RTL-TVI. In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten der belgische Außenminister Maxime Prévot und der Minister für Chancengleichheit, Rob Beenders, sie bedauerten den Rückschritt der USA. „Diversität und Inklusion sind nicht nur Schlagworte, sondern die Fundamente einer starken und dynamischen Gesellschaft. Sie stärken unsere Wirtschaft, fördern Innovation und lassen Talente aufblühen.“
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