Der ehemalige afghanische Botschafter in Spanien, Rahim Peerzada, ist am Samstag am Flughafen der US-Metropole Dallas festgenommen worden. Gerichtsdokumente, die WELT einsehen konnte, bestätigen die Verhaftung eines Mannes namens Mohammad Rahim Wahidi. Zuerst hatte „Politico“ (gehört wie WELT zum Axel-Springer-Verlag), über den Fall berichtet. WELT konnte mit zwei Personen aus dem Umfeld Peerzadas sprechen und Dokumente einsehen, die belegen, dass er auch unter dem Namen „Wahidi“ bekannt ist.
Die konkreten Gründe für die Verhaftung sind unklar. WELT hatte im März über schwere Vorwürfe gegen den afghanischen Diplomaten berichtet. Eine Afghanin, die mittlerweile in der Nähe von Köln lebt, gab an, Peerzada habe sie in Madrid im Jahr 2022 vergewaltigt. Zudem schilderte sie Symptome, die darauf hindeuten könnten, dass ihr K.-o.-Tropfen verabreicht wurden. Zwei weitere Frauen berichteten von sexueller Belästigung. Außerdem erfuhr WELT von Korruptionsvorwürfen gegen Peerzada. Dieser habe Gebühren für konsularische Angelegenheiten auf sein Privatkonto überweisen lassen. WELT liegen Dutzende entsprechende Überweisungsbelege vor.
Das spanische Außenministerium hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe erklärt, Peerzada genieße keine diplomatische Immunität. Das Ministerium entfernte ihn und die gesamte afghanische Delegation von der Liste der offiziell im Land akkreditierten Diplomaten. Die Staatsanwaltschaft Madrid teilte mit, man prüfe Ermittlungen gegen Peerzada: „Wenn eine Entscheidung in dieser Angelegenheit getroffen wurde, wird sie bekannt gegeben.“
Antrag auf Freilassung abgelehnt
Peerzadas Anwalt beantragte am Sonntag seine Freilassung. In einem Schriftsatz, der WELT vorliegt, heißt es, Peerzada sei von einer unbestimmten Zahl von FBI-Agenten wegen Vorwürfen sexueller Belästigung befragt worden, die ein Aktivist erhoben habe. Weiter heißt es, Peerzada werde von den Strafverfolgungsbehörden „zu seinem Schwager befragt, der im Southern District of New York angeklagt ist, an einer Verschwörung zur Ermordung eines iranischen Journalisten beteiligt gewesen zu sein“. Sein Mandant sei „rechtmäßiger Einwohner der Vereinigten Staaten, verheiratet mit einer Staatsbürgerin der Vereinigten Staaten und Vater von zwei Kindern, die Staatsbürger der Vereinigten Staaten sind“. Er lebe in Sterling, Virginia.
Ein ehemaliger Weggefährte bestätigte WELT, dass Peerzada eine Green Card für die USA besitzt. Peerzada diente in der Vergangenheit als lokaler Mitarbeiter der afghanischen Botschaft in Washington. Eine weitere Quelle bestätigte, dass Peerzadas Ehefrau, Mary Shakeri-Wahidi, US-Bürgerin ist und die gemeinsamen Kinder in den USA leben.
Ein Bundesrichter lehnte Peerzadas Antrag auf sofortige Freilassung am Montag ab. Laut einem entsprechenden Beschluss wurde die US-Regierung jedoch aufgefordert, Peerzada nicht ohne Zustimmung des Gerichts aus dem Distrikt auszuweisen. Offenbar fürchtet der Afghane seine Abschiebung.
Peerzada war am Wochenende gemeinsam mit seiner Ehefrau mit einem Flug der Linie Turkish Airlines aus der Türkei in die USA eingereist.
Schwager soll Agent Teherans sein
Bei Peerzadas Schwager handelt es sich um Farhad Shakeri. Die US-Staatsanwaltschaft des Southern District of New York beschuldigt Shakeri, ein iranischer Agent zu sein und zusammen mit zwei Komplizen im Auftrag der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) einen Auftragsmord geplant haben soll. In einer Mitteilung der Ermittlungsbehörde vom November heißt es: „Shakeri ist ein Angehöriger der IRGC und wohnt in Teheran, Iran. Shakeri wanderte als Kind in die Vereinigten Staaten ein und wurde 2008 abgeschoben, nachdem er wegen eines Raubüberfalls 14 Jahre im Gefängnis verbracht hatte.“ In den vergangenen Monaten habe Shakeri „ein Netz krimineller Partner, die er im Gefängnis in den Vereinigten Staaten kennengelernt hat, genutzt, um der IRGC Agenten für die Überwachung und Ermordung von Zielpersonen zur Verfügung zu stellen“.
Seine beiden Komplizen wurden festgenommen, Shakeri soll sich weiterhin im Iran aufhalten.
Wie WELT erfuhr, bemüht sich die spanische Polizei weiterhin, Peerzada für seine mutmaßlichen Straftaten in dem Land zur Rechenschaft zu ziehen. Vertreter des Nationalen Polizeicorps schrieben einem der mutmaßlichen Opfer Peerzadas, man warte auf entsprechende Beschlüsse eines Ermittlungsrichters. „Wir werden alles tun, was in unseren Händen liegt“, heißt es in dem Schreiben.
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