Mit der Einladung des israelischen Regierungschefs Netanjahu zeigt Ungarn: Der Internationale Strafgerichtshof interessiert ihn nicht. Regierungschef Orban geht sogar noch einen Schritt weiter. Und Kanzler Scholz äußert sich zu einer etwaigen Verhaftung Netanjahus auf deutschem Boden.
Die Regierung in Ungarn hat den Rückzug des Landes aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verkündet. "Ungarn verlässt den IStGH. Die Regierung wird das Verfahren zum Rückzug gemäß internationalem Recht vornehmen", teilte der Bürochef des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban bei Facebook mit.
Die Bekanntgabe erfolgte zeitgleich mit dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Ungarn. Gegen diesen liegt ein vom IStGH ausgestellter Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen vor. Israel weist die Anschuldigungen zurück und bezeichnet sie als politisch motiviert und antisemitisch.
Die mehr als 120 IStGH-Mitgliedstaaten - zu denen auch Deutschland, nicht aber Israel und die USA zählen - sind verpflichtet, Netanjahu festzunehmen, sobald er ihr Territorium betritt. Orban hatte Netanjahu trotz des Haftbefehls nach Ungarn eingeladen. Netanjahu war nach dem Erlass des Haftbefehls mehrfach in die USA gereist, aber noch nie in einen Vertragsstaat des Internationalen Strafgerichtshofs.
Ungarn hat das sogenannte Römische Statut des IStGH 2001 ratifiziert. Das Inkrafttreten des Beschlusses zu dem Statut hat die ungarische Regierung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken allerdings nie offiziell verkündet, sodass sie sich nicht an die IStGH-Entscheidungen gebunden fühlt. Die Ausstellung des Haftbefehls gegen Netanjahu hatte Orban scharf verurteilt und eine Einladung an seinen israelischen Kollegen ausgesprochen. Im Gegenzug lobte Netanjahu die "moralische Klarheit" Ungarns.
Ist Ungarn erst der Auftakt?
Durch seinen Besuch "in einem Land, in dem er nicht befürchten muss, verhaftet zu werden", ebne Netanjahu den Weg für die "Normalisierung seiner zukünftigen Reisen", etwa nach Deutschland, sagte der ehemalige israelische Regierungsberater Moshe Klughaft.
Dies klingt auch bei Bundeskanzler Olaf Scholz durch: Nach eigenen Angaben erwartet er nicht, dass Netanjahu bei einem Deutschland-Besuch verhaftet werden würde. "Dass es zu einer Verhaftung kommt, kann ich mir nicht vorstellen", sagte der SPD-Politiker auf eine entsprechende Frage.
Der voraussichtliche künftige Bundeskanzler Friedrich Merz hatte Ende Februar ein baldiges Treffen mit Netanjahu in Deutschland in Aussicht gestellt. Bei einem Telefonat versicherte Merz dem israelischen Regierungschef nach eigenen Angaben, dass er in Deutschland nicht festgenommen werden würde. "Es ist für mich unvorstellbar, dass der demokratisch gewählte Ministerpräsident des Staates Israel Deutschland nicht besuchen kann", betonte Merz.
Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges hatte der IStGH im November einen internationalen Haftbefehl gegen den Netanjahu, seinen ehemaligen Verteidigungsminister Joav Gallant sowie den von Israel getöteten Militärchef der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, Mohammed Deif, erlassen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die Hamas hatte Ende Januar den Tod von Deif bestätigt.
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