Von Donald Trump im Weißen Haus ist viel zu erwarten, leider nur Schlechtes bis Katastrophales. Einen Vorgeschmack darauf gab es in der vergangenen Woche.

Das Leben schreibt die interessantesten Geschichten, sagt man. Eine dieser surrealen, besonders lebensechten Geschichten skizziert wohl das aktuelle Trump-Dilemma. Eine Erzählung der Sorte, die jeder Drehbuchautor von potenziellen Filmproduzenten mit den Worten "ein ganz bisschen realistisch sollte der Plot dann aber doch sein" zurückbekommen würde. Was macht die Faszination an diesem Mann aus, der wie kaum ein anderer polarisiert, wie kaum ein anderer lügt und der dennoch, wie kaum ein anderer, die US-amerikanische Polit-Historie mitschreibt?

Donald Trump personifiziert den amerikanischen Traum, in dem sich jeder zum Multimillionär hocharbeiten kann, um dann den Lauf der Geschichte zu verändern. Wobei der normalerweise beim berühmten Tellerwäscher beginnt - und nicht bei einem verzogenen Milliardärssohn, der "in goldene Kloschüsseln scheißt", wie es Feinanalytiker, Kaffeekapseln-Vertreter und Hobbyschauspieler George Clooney einst formulierte. Dennoch kursieren zahllose rührselige Heldenepen. Zum Beispiel die Legende, Trump sei ein Segen für die USA, weil er ein unfassbar erfolgreicher Unternehmer und daher zweifelsfrei ein absolut korruptionsimmuner Präsident sei. Aber auch bizarre, gottkomplexbedienende Messiasfabeln wie die blasphemische Erzählung, Gott der Allmächtige persönlich habe Trump als rettenden Heilsbringer ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten entsandt. Steht das J. in Donald J. Trump etwa für Jesus?

Lügen haben lange Krawatten

Da Donald Trump eisern an der für US-Präsidenten ungewöhnlichen Allüre festhält, seine Steuererklärungen der Öffentlichkeit vorzuenthalten, ist die Verifizierung seines tatsächlichen Vermögens unmöglich. Hängengeblieben aus seinem Trophäensaal der Rekorde sind vor allem gigantische Misserfolge wie ein gescheitertes Mammut-Casino-Projekt oder eine insolvente Fluggesellschaft. Obwohl: Experten halten es durchaus für eine Kunst, mit einem Casino pleitezugehen. Keine allerdings, mit der man Ruhmeshallen füllen könnte. Die Bank gewinnt immer, heißt es normalerweise in der Branche. Außer, besagte Bank wird von Trump geleitet.

Unvergessen sind natürlich auch seine 30.573 falschen oder irreführenden Aussagen (im Volksmund Lügen genannt), die er in seiner ersten vierjährigen Amtszeit aufgetischt hatte. Das Branchenmagazin "Washington Post" hatte da seinerzeit mitgezählt. Neben diesen eher mittelmäßig ruhmreichen Meilensteinen auf Donald Trumps Highway zum Megaerfolg dürfen auch seine politischen Sahnestückchen nicht fehlen. Exemplarisch sei hier die Mauer zu Mexiko genannt, die er nicht nur bauen, sondern gleichzeitig von Mexiko bezahlen lassen wollte. Gebaut wurde am Ende wenig und Mexiko zahlte etwa so viel wie Boris Becker seit sieben Jahren an Unterhalt für den gemeinsamen Sohn Amadeus an Lilly Becker. Seit dem "Dschungelcamp" (das ist sowas wie "Markus Lanz" für alle, die Daniela Katzenberger für eine bessere Außenministerin als Annalena Baerbock halten und Sonja Zietlow für Sandra Maischberger) wissen wir über dieses Detail aus dem Scheidungsvertrag der Eheleute Becker nämlich: Das waren exakt null Euro.

Der Selfmade Con Man

Wenn man so möchte, basierte Trumps Popularität zunächst in erster Linie auf einem Gastauftritt im Blockbuster "Kevin allein in New York", bei dem er der Welt in wenigen Sekunden seine wichtigsten Prädilektionen demonstrieren durfte: kuriose Frisuren, Designerkleidung in Übergrößen und rote Krawatten. Der Mythos des unbestechlichen Selfmade-Milliardärs wird jedoch weiter von seiner Armada hyperaktiver Fans fleißig und unnachgiebig in die Social-Media-Welt getragen. Wie bei allen anderen Themen auch müsste man dieser Heldensaga eigentlich ein paar nicht unerhebliche Details hinzufügen. Etwa, dass Donald Trump von seinem Vater ein Vermögen erbte, das in aktuelle Kaufkraft übersetzt etwa 8,5 Milliarden Dollar entsprechen würde. Wogegen selbst großzügige Schätzungen Trumps heutiges Vermögen auf maximal 1,3 Milliarden Dollar taxieren. Wenn man so will, hat der "unfassbar erfolgreiche Unternehmer" sein geerbtes Vermögen durch eine Historie sensationeller Fehlinvestitionen um knapp 85 Prozent eingestampft.

Das alles ficht die zumeist im Brachland der großen Flächenstaaten residierenden Trump-Ultras nicht an. Die stürmen sogar das Kapitol, sobald ihr Messias von seiner Schwurbel-Kanzel aus Wahlbetrug wittert. Das alles haben wir in Deutschland auch schon erlebt. Zuletzt zum Glück nur in der Discounter-Version, als sich während der Corona-Aufmärsche ein unter anderem von Reiskanzler Attila Hildmann orchestrierter Anti-Merkel/Lauterbach/Drosten-Mob zum Sturm auf den Reichstag aufmachte. Der von zügellos auf vernunftbasierten Irrwegen vor sich hin rebellierenden Gutmenschen oftmals als "Avocadolf Hitlermann" verunglimpfte Ex-Koch konnte seinerzeit allerdings lediglich ein paar Dutzend verwirrte Seelen mobilisieren, ihre Freiheitsrechte gegen einen von Anfang an zum Scheitern verurteilten Sturm auf die Machtzentrale der Republik einzutauschen. Die in den letzten Jahren von den Protagonisten der immer selben selbst ernannten Vordenker-Elite sauber durchchoreografierte und in deren Augen dringend überfällige Revolution blieb aus. Dabei entwickelten sich diese Universalgenies innerhalb eines halben Jahrzehnts extra von Bundestrainern zu Corona-Fachleuten und Virologen, dann zu Volljuristen mit Schwerpunkt Kriegs- und Völkerrecht, anschließend zu Ukraine-Gelehrten, Nahostexperten, Migrations-Wissenschaftlern und schließlich zu Wärmepumpen-Gutachtern sowie Schuldenbremsen-Sachverständigen.

Second Service: Trump

Nun ist Donald Trump seit einigen Wochen erneut im Oval Office. Vollmundige Mexiko-Mauer-Ankündigungen möchte er in seiner zweiten Amtszeit im Weißen Haus augenscheinlich vermeiden. Das setzt ihn unter Ergebniszugzwang. Nicht wenige Beobachter des politischen Klimas rund um den amerikanischen "Dealmaker" in der Air Force One befürchten, Trump würde den Regierungsjet ohne große Umwege in eine Katastrophe epischen Ausmaßes lenken. Einen Vorgeschmack darauf gab es in der vergangenen Woche, als ein Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj anstand. Dessen Land leidet seit drei Jahren in einem unverschuldeten Krieg mit Russland, von Trump und seinem Adjutanten J.D. Vance sollte er aber lediglich vor versammelter Presse vorgeführt werden. Flankiert von einer Handvoll ausgewählter Begleitjournalisten (kritische Pressevertreter wurden nicht zugelassen) fokussierte sich Team Trump darauf, nicht versehentlich darüber zu debattieren, wie man Russland in die Schranken weisen könne. Vielmehr ging es ihnen primär um weltpolitisch höchst relevante Fragen wie "Hat Selenskyj irgendwann mal Danke gesagt?" oder "Warum tragen Sie keinen Anzug?"

Warum sich Trump schamlos auf Wladimir Putins Seite schlägt, darüber kann nur spekuliert werden. Es könnte sein infantiles Schwarz-weiß-Schablonendenken sein, in dem alle Positionen, die die Biden-Administration einnahm, per se als falsch deklariert werden. Aber auch ein völlig anderer Grund ist in dieser schönen neuen Welt zumindest nicht ausgeschlossen: ein dominosteinartiges Ketten-Erpressungsszenario. Trump hat mit seiner Affinität zu spektakulären Enthüllungen bereits die vorzeitige Veröffentlichung der Kennedy-Akten angeordnet. Nicht wenige US-Insider befürchten nun, Trump hätte durch seine langjährige Freundschaft zu Jeffrey Epstein möglicherweise Zugang zu intimen Informationen über politische und gesellschaftliche Hochkaräter der US-Zeitgeschichte erlangen können. Ein solches Faustpfand könnte ihm womöglich die Zustimmung - oder zumindest die ausbleibende Gegenwehr - von vielen meinungsrelevanten Personen der amerikanischen Öffentlichkeit sichern, die unter normalen Umständen schon seit Jahren bedingungslos gegen alle Vorhaben Donald Trumps reichweitenstark interveniert hätten.

Gleichzeitig wäre denkbar, dass auch Trump auf der anderen Seite unter politischem Zugzwang steht, der nicht aus notwendigen Analysen der Weltlage, sondern aus Videobändern mit ihm als Hauptakteur resultieren. Hartnäckig halten sich Gerüchte, Putin hätte womöglich Sextapes von Trump, die während seiner Aufenthalte in Moskau angefertigt wurden, lange bevor er in die Politik einstieg. Sollten besagte Videos tatsächlich existieren und ihr Inhalt Trumps Karriere als Präsident womöglich beenden, darf man nach allem, was man über Donald Trump und seine Denkweise in den letzten Jahren gelernt hat, durchaus davon ausgehen, dass er sich für die Diskretion Putins einige fragwürdige politische Entscheidungen diktieren lassen würde.

Europa steht vor der mit Abstand schwierigsten Zeit im eigentlich seit Jahrzehnten stabilen, freundschaftlichen Miteinander zu Amerika. Als Amerika 2001 mit dem Angriff auf die Twin Towers bis ins Mark erschüttert wurde, stand Europa dem brüderlichen Star Spangled Banner bedingungslos zur Seite und ließ sich in einen 20-jährigen Fiasko-Krieg in Afghanistan ziehen. Umgekehrt scheinen die USA Europa nicht mehr beistehen zu wollen, wenn etwa (ob sich hier ein für alle Beteiligten verheerender Kreis schließt?) Russland über die Ukraine hinaus nach Landzugewinn strebt. Dieser Gefahr gilt es, sich nun zu stellen. Das könnte die EU einen, aber auch zerreißen. So oder so: Die Zeiten werden mit Donald Trump nicht leichter, auch wenn es genau das ist, was Trump seinen Fans seit Jahren euphorisch in die Hirnwindungen presst.

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