Fünf Tage nach der Amtseinführung von Donald Trump als Präsident wird die deutsche Tattoo-Künstlerin Jessica Brösche bei der Einreise von Mexiko in die USA festgenommen. Der Vorwurf: Missbrauch des Touristenvisums für illegale Arbeit. Die Deutsche bestreitet das und sagt: "Ich will einfach nur nach Hause."
Das für lange Zeit Letzte, was die in Los Angeles lebende Modedesignerin Nikita Lofving zu ihrer Freundin Jessica Brösche sagte, war: "Ich werde draußen auf dich warten." Nach ungefähr zwei Stunden, so berichtete es Lofving in diversen Interviews, erhielt sie einen Anruf von Brösche mit der Mitteilung, dass sie in Haft komme. "Sie wollen mich nach Deutschland abschieben." Das war am 25. Januar - der Beginn eines Höllentrips für die 29-jährige Berliner Tattoo-Künstlerin, über den inzwischen international berichtet wird.
Was war geschehen? An jenem Tag im Januar wollten die beiden Frauen, die sich für ein Wochenende im mexikanischen Tijuana getroffen hatten, gemeinsam die Grenze nach San Diego in Kalifornien passieren. Für Lofving kein Problem: Sie hat sowohl die dänische als auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Brösche wollte vor ihrer Rückkehr nach Deutschland, wie aus ihrem Instagram-Kanal hervorgeht, noch einige Zeit in Los Angeles bleiben. Die Berlinerin, ausgerüstet mit einem Touristenvisum für die USA, hatte ihr Tätowier-Equipment dabei - was ihr zum Verhängnis wurde.
Auch wenn das bisher von offizieller Seite nicht bestätigt worden ist, muss das Handwerkszeug ihrer Zunft der Grund gewesen sein, warum Brösche ins Gefängnis kam. Die US-amerikanischen Einreisebehörden hatten nach Angaben von Lofving offenkundig den Verdacht, die Berlinerin habe in den USA gearbeitet und wolle es erneut tun, was mit einem Touristenvisum verboten wäre. Ihre US-Freundin widersprach. "Wir wollten einen Monat lang nur Kunst machen", sagte die 37-Jährige dem TV-Sender KPBS mit Sitz in San Diego. "Das war unser Plan."
Nicht einmal das Gefängnis war bekannt
Tage des Wartens vergingen. Lofving erhielt, wie sie erzählte, von einer Beamtin der Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten (CBP) die Mitteilung, die Abschiebung Brösches in die Heimat stehe bald bevor. Doch nichts dergleichen geschah, die Berlinerin meldete sich nicht. "Die Leute begannen auszuflippen", beschrieb die Modedesignerin den Zustand von Brösches sozialem Umfeld. Mehrere Tage lang wusste niemand, in welchem Gefängnis sie ist. Also entschloss sich Lofving, den Fall an die Öffentlichkeit zu bringen.
Rund zwei Wochen nach dem Tag der Festnahme veröffentlichte die Amerikanerin ein Posting in den sozialen Medien. Zu einem Foto, das sie mit ihrer Freundin aus Berlin zeigt, wo sie sich kennengelernt hatten, schrieb sie: "Ich denke, die europäische Presse muss wissen, dass Trump nicht nur die Menschen in Amerika f***, sondern auch Touristen. Die Welt sollte wissen, dass es nicht sicher ist, hierher zu reisen. Wenn Amerika das Geld für den Tourismus verliert, werden sie sich vielleicht beim Thema Abschiebungen beruhigen. Der einzige Weg, dass diese Leute es kapieren, ist, ihre Brieftaschen zu treffen."
Lofving sprach aus, was längst im Raum stand. Trump hatte am 20. Januar das Amt des Präsidenten übernommen und an Tag eins seiner zweiten Regierungszeit schärfere Kontrollen der Einreisen vor allem an der Grenze zu Mexiko angeordnet. Nach Einschätzung von Lofving ist das der Grund, warum Brösche überhaupt in die Fänge der US-Behörden geriet und warum es Wochen dauerte, bis der Fall bearbeitet wurde.
Wochenlang im Gefängnis, "ohne einen Richter zu sehen"
Knapp drei Wochen nach der Inhaftierung klagte die Modedesignerin in sozialen Medien, es sei "not fxxxing cool", dass ihre Freundin 18 Tage einsitze, "ohne einen Richter zu sehen" und die Behörden erklärten, "dass man noch ein paar Wochen warten muss". Die auf solche Fälle spezialisierte Rechtsanwältin Tammy Lin, die ihre Kanzlei in San Diego hat, wollte das auf Anfrage von ntv.de nicht bewerten, ohne die konkreten Vorwürfe gegen Brösche zu kennen. "Es ist unklar, ob es etwas aus der Flut von Durchführungsverordnungen war, die er [Trump] seit seiner Vereidigung und danach erlassen hat", teilte sie mit.
Der Investigativjournalist Austin Grabish befragte Brösche für den Fernsehsender ABC 10News in einem Telefoninterview. "Ich will einfach nur nach Hause", zitierte er die Inhaftierte. "Ich bin echt verzweifelt." Nach eigenen Angaben war sie acht Tage - Lofving sprach von neun - allein in einer Zelle. "Es war furchtbar." Der Reporter gab Brösches Freundin so wieder: "Sie sagt, es war wie in einem Horrorfilm. Sie schrien in allen möglichen Räumen. Nach neun Tagen sagte sie, dass sie so verrückt wurde, dass sie anfing, gegen die Wände zu schlagen - und dann hatte sie Blut an den Knöcheln." Ein Psychologe habe ihr beruhigende Medikamente geben wollen, was die Berlinerin abgelehnt habe.
Das Unternehmen, das das Gefängnis im staatlichen Auftrag privat führt, widersprach der Darstellung. Ein Sprecher teilte ABC 10News mit, dass eine restriktive Unterbringung von Insassen zur medizinischen und psychischen Beobachtung, Schutzhaft oder Ermittlungszwecken möglich sei. "Einzelhaft, ob als Begriff oder in der Praxis, gibt es in keiner der von uns betriebenen Einrichtungen."
"Ich verstehe nicht, warum es so lange dauert"
Die Grenzschutzbehörde CBP wollte unter Verweis auf den Datenschutz auf Anfrage von ntv.de keinen Kommentar abgeben. Ein Sprecher erklärte allgemein, die Beamten behandelten "alle Reisenden mit Integrität, Respekt, Professionalität und im Einklang mit dem Gesetz". Sollte der mögliche Aufenthalt eines Ausländers in den USA "als unzulässig" eingestuft werden und könne er keinen Wohnsitz in Mexiko nachweisen, biete die CBP die Möglichkeit, eine Reise in das Heimatland des Betroffenen zu organisieren. "Ist der Ausländer dazu nicht in der Lage, wird er in den Gewahrsam der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) zur Rückführung überstellt."
Im Berliner Außenministerium war zu hören, dass das deutsche Generalkonsulat in Los Angeles "in fortwährendem Kontakt mit den US-amerikanischen Behörden, der Person selbst und den Familienangehörigen" stehe und sich "um eine zeitnahe Lösung" bemühe. Näheres war nicht zu erfahren. Brösche selbst sagte in dem Telefoninterview: "Ich verstehe wirklich nicht, warum es so lange dauert, bis ich wieder in Deutschland bin."
Die Amerikanerin Ashley Paschen, die in der Gegend des Gefängnisses wohnt, in dem Brösche sitzt, bekam den Fall via Tiktok mit und beschloss, der Deutschen zu helfen. "Ich glaube, es war einfach die Mutter in mir", sagte sie KPBS. Paschen besuchte nach eigenen Angaben die Berlinerin in der Haftanstalt und überbrachte Nachrichten ihrer Familie und Freunde. "Sie war wie weggeknallt", berichtete sie über den Horrortrip der Berlinerin. Der nun, so sieht es aus, bald ein Ende findet. Vor zwei Tagen schrieb Lofving in den sozialen Medien: "Jessi kehrt am 11. März endlich heim. Daumen drücken, dass es tatsächlich passiert."
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