Auf den Nachrichtenseiten wechseln die Top-Schlagzeilen derzeit schneller als Heidi Klum "Nur eine kann Germany's Next Topmodel werden" sagen kann. Immer im Mittelpunkt: Donald Trump, der Pleite-Pilot auf Konjunktur-Kamikazekurs.
Was für eine Woche. Koalitionsvertrag steht, Christian Lindners Baby ist da, Bayern München legt einen bemerkenswert uninspirierten Auftritt gegen Inter Mailand hin, die SPD erhält in der neuen Koalition das Verteidigungs- sowie das Finanzministerium, es gibt ein neues Heftchen von Ulf Poschardt, das beim Arbeitsbedingungs-Leuchtturm und Steuervermeidungs-Startup Amazon in der Bestsellerliste "Fachbücher Genderstudies" direkt auf Nummer 1 einsteigt, und Danni Büchner ist im "Playboy". Top-Schlagzeilen geben sich die Titelseiten-Klinke aktuell schneller in die Hand als Heidi Klum "Nur eine kann Germany's Next Topmodel werden" sagen kann.
Mega-News an jeder Ecke. Dennoch stellt ein Thema jedes andere seit Tagen in den Schatten: Donald Trumps Zollkrieg gegen so ziemlich jedes Land, das er unter der Google-Suche "Alle Länder der Welt-Liste" finden konnte. Außer natürlich Russland. Die Historie der vergangenen Jahre zeigt im Gegenteil: Es ist wahrscheinlicher, dass Donald Trump in den nächsten Tagen Sonderzölle für Narnia, Atlantis, Lummerland, Pandora, Mittelerde, Panem, Oz und La La Land verhängt, als für Wladimir Putins Vorzeigedemokratie.
Zoll-Alarmanlage defekt: Bei Trump bricht die Wirtschaft ein
Der Aufschrei darüber fiel bisher moderat aus. Für Wirtschaftsexperten, Konsumenten und Dax-Vorstände ist aktuell die Zollbruchstelle relevanter, bei der beispielsweise Preise für Apples iPhone (vornehmlich in Asien produziert und damit ebenfalls von Trumps Zoll-Offensive ausgedribbelt) um fast 40 Prozent steigen könnten, genauso wie die von Fahrzeugen aus den Häusern Mercedes-Benz oder Porsche. Trumps Kuschelkurs mit Putin hat in diesen Segmenten aber ohnehin keine Relevanz. Der Run auf High Tech oder Luxuskarossen aus russischer Produktion bewegt sich traditionell auf durchschnittlichem Niveau. Das russische Pendant zum Maybach von Mercedes-Benz beispielsweise heißt (hätten Sie es gewusst?) "Aurus Senat" und wurde bereits vor den Ukraine-Sanktionen außerhalb von Moskau ungefähr so oft verkauft wie Schalke 04 Meister wurde.
Während weltweit Aktienmärkte einbrechen, Wirtschaftsweise harte Rezessionen voraussagen, Vorstände globaler Unternehmen eilig von Panik-Meeting zu Panik-Meeting rennen, Länder ihre Wachstumsprognosen dramatisch reduzieren und die Europäische Zentralbank sich auf einen erheblichen Konjunkturschaden vorbereitet, schieben Trumps Erfolgs-Storytelling-Redenschreiber unbeirrt Überstunden. Spätestens seit er einst offiziell verlautbaren ließ, er würde nicht "lügen", sondern "alternative Fakten" präsentieren, ahnt man: Trump pflegt zur Wissenschaft ein so inniges Verhältnis wie etwa zu Barack Obama oder der Pflicht zur Offenlegung seiner Steuerunterlagen.
Insofern kommt es nicht sonderlich überraschend, dass Trump sich ungeniert vor Kameras stellt und sich den Sondernobelpreis für volkswirtschaftliche Genialität quasi selbst verleiht. Oder, wie es in Trumps Welt heißt: "I'm telling you, these countries are calling us up kissing my ass". Falls Lothar Matthäus mitliest, hier noch ergänzender Kontext. Auf Deutsch heißt das ungefähr: "Die von meinen Zöllen betroffenen Länder rufen an und küssen meinen Arsch!" Defätistische Skeptiker würden anmerken, dass das Küssen von Ärschen via Telefon räumlich als ausgeschlossen gilt. Trump auf der anderen Seite hat bereits eine Mauer zu Mexiko bauen lassen, für die Mexiko bezahlt, und Obamacare abgeschafft. So jemand sollte es mit Leichtigkeit schaffen, sich seinen sogenannten Allerwertesten auch durch eine Telefonleitung liebkosen zu lassen.
Die durch die Zölle gehen
Bislang nicht unter besagten Anrufern war offenbar China. Aktuell liegt Trumps China-Zoll bei 104 Prozent. Je nachdem, wie China reagiert, kann aber jederzeit eine Aufstockung auf 132 Prozent erfolgen. Im Handelskrieg operiert Trump einfach wie beim Roulette: So lange jedes Mal den Einsatz verdoppeln, bis man gewinnt. Insgesamt zeigt die Politik der Trump-Regierung momentan verblüffende Parallelen zur Glücksspiel-Branche. Lediglich der Hauptleitsatz differiert. Der lautet ursprünglich: Die Bank gewinnt immer. Das gilt an Trumps Zoll-Pokertisch aber nicht. Vor allem nicht für die Weltbank, die eindringlich vor den Auswirkungen von Trumps Zoll-Lotto warnt. Fun-Fact: Trump besaß selbst mal eine Casino-Kette. Die ist allerdings schon eine Weile insolvent.
Egal. Gegen derartig unqualifizierte Unkenrufe ist man in Mar-a-Lago immun. Weltbank? Könnte man notfalls austreten. Wie aus der Nato. Im Covfefe-Universum konzentriert man sich kommunikationsstrategisch ausschließlich auf Erfolge. Sollte daran gerade zufällig kein Überangebot bestehen, werden notfalls einfach neue Bilanz-Highlights herbeigedichtet. Aktuell sinkt der Ölpreis. Tanken und Heizen wird folglich billiger. Grundsätzlich erstmal eine gute Nachricht. Entsprechend enthusiastisch feierte Trump sich zuletzt als Messias der moderaten Energiepreise. Wenn man jedoch ein wenig mehr Talent in Ursachenforschung hat als die Trump-Administration, merkt man schnell: Der Grund für diese Preisentwicklung ist, dass dieser Tage die Weltmärkte einbrechen. Durch Trumps inflationäres Zoll-Hochreizen werden sehr viel weniger Waren gehandelt und entsprechend verschifft. Das bewirkt gleichzeitig: Der Bedarf an Öl wird deutlich geringer. Der Ölpreis sinkt. Angebot und Nachfrage. Das versteht jeder. Außer Trump.
Billigeres Öl auf dem Rücken zusammenbrechender Märkte zu feiern, das ist ein bisschen so, als würde man sagen: Geil, mein Haus brennt, jetzt muss ich nicht mehr rasenmähen. Ähnlich unwahrscheinlich wie Jubelstürme über brennende Wohnhäuser ist, dass sich Trumps Telefonate mit Präsidenten einiger zollbetroffener Länder so abgespielt haben, wie er es in seinem persönlichen Erinnerungs-Mantra aufsagt: "Sie sagen 'Bitte, Sir, machen Sie einen Deal. Ich würde alles tun, Sir.'" Sätze, bei denen er womöglich die Zuordnung etwas durcheinanderbringt. Die ehemalige Erotikfilmdiva Stormy Daniels beispielsweise bekam 130.000 Dollar Schweigegeld von Trump, damit sie nicht über ihre gemeinsamen Sex-Abenteuer spricht. Die sollen übrigens zu einer Zeit stattgefunden haben, als Trump bereits mit seiner dritten Frau Melania verheiratet war. In der Pornobranche, das hat mir ein Freund verraten, kommen Sätze wie " Bitte, Sir. Ich würde alles tun, Sir!" statistisch betrachtet deutlich häufiger vor als in Telefonaten zwischen Staatschefs.
Zollidiot oder Genie - Aufschwung-Exorzist Trump
Was für weitreichende Folgen Trumps Zoll-Jojo hat, liest man auch gut am Reaktionsdilemma innerhalb des Trump-Fanclubs AfD ab. Hatte man bislang den Eindruck, Alice Weidel wäre selbst zur Elefantenrunde am Abend der Bundestagswahl am liebsten mit "MAGA"-Basecap erschienen, ist die Trump-Begeisterung plötzlich verflogen. Die AfD hat immerhin einen Ruf zu verlieren. Nach eigener Lesart möchte sie als einzige Partei des Landes Schaden von der Bundesrepublik abhalten. Den Niedergang der heimischen Wirtschaft durch ein von Trump angezetteltes Zoll-Desaster müsste man daher eigentlich scharf verurteilen. Das versucht Ex-Kanzlerkandidatin Alice Weidel zwar, wenn auch nur mit einem zaghaften "Zölle schaden unserer Wirtschaft. Um Gefahren abzuwenden, müssen wir Lösungsmöglichkeiten mit den USA ausloten".
Co-Parteichef Tino "Lieblingsgedicht" Chrupalla hingegen hat neben seinen Verpflichtungen als Lyrikexperte zu Trumps Zoll-Slapstick eine dezidiert andere Meinung: "Manchmal muss man Freihandel einschränken, um seine Wirtschaft zu schützen. Die Zölle sind verständlich." Ärger im rechtspopulistischen Paradies also. Insgesamt eine ungemütliche Situation für die AfD. Wer ihr Parteiprogramm kennt, weiß: Die Aufforstung der deutschen Wirtschaft ist zwar offizielles Ziel, wird aber zumeist mit Mitteln zu erwirken versucht, die das Gegenteil bewirken. Renommierte Wirtschaftswissenschaftler attestieren der AfD dabei ähnlich gute Qualitäten wie Verona Pooth beim Dativ. Mit dem Unterschied: Bei der AfD werden Sie nicht geholfen.
Die ehemalige Geheimwaffe der Demokraten, Kamala Harris, hatte im Wahlkampf mehrfach davon gesprochen, eine imposante Reihe von Nobelpreisträgern hätte prognostiziert, Trumps zolldreiste Ideen würden Amerika und die Welt nach seinem Amtsantritt zeitnah in eine schwere Wirtschaftskrise stürzen. Damals wurde sie ausgelacht. Jetzt fallen die Kurse, die Inflation steigt schneller als der Blutdruck von Annalena Baerbock, wenn man sie nach Teilnehmern ihres umstrittenen Nahostkonflikt-Dinners fragt und Trumps Beliebtheitswerte gehen zum Lachen in den Keller.
Dennoch gibt es noch immer Menschen, die den eingeschlagenen Weg des gegenseitigen Zoll-Überbietens und das daraus resultierende Chaos am Weltmarkt für eine geniale Strategie halten. Man ist sich sicher: Trump navigiert hier mit brillanten strategischen Schachzügen durch das Minenfeld der wirtschaftlichen Zukunftsplanung, die der Rest der Welt lediglich intellektuell nicht durchschauen kann. Nobelpreisträger inklusive. Ob Trump nun vom wirtschaftspolitischen Sensenmann gebissen wurde und seither an Zollwut leidet, oder ob sein Krawallkurs durch den Aktienindex am Ende zum versprochenen "America First" führen kann, das wissen wir eventuell schon kommende Woche. Ich kläre dann an dieser Stelle darüber auf. Bis dann!
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