In der Ukraine ist Bohdan Krotewytsch eine bekannte Persönlichkeit. Im vergangenen Jahr erhebt der Militärveteran schwere Vorwürfe gegen einen General, der kurze Zeit später entlassen wird. Nun kritisiert Krotewytsch die oberste Militärführung des Landes unter Oleksandr Syrskyj.
Ein ehemaliger Offizier der ukrainischen Brigade Asow erhebt schwere Vorwürfe gegen den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, und fordert dessen Absetzung. Syrskyj setzte das Leben der Soldaten durch "grenzwertig kriminelle" Befehle aufs Spiel, sagte Ex-Stabschef Bohdan Krotewytsch im Gespräch mit dem britischen "Guardian".
Die Militärführung betreibe eine "manuelle Mikroverwaltung der gesamten Armee", beklagte der Veteran. "Ich erhielt vom Oberkommando der Armee, vom Oberbefehlshaber des Hauptquartiers, immer mehr Befehle, die an die Grenze zur Kriminalität gingen und die ich mit meinem guten Gewissen nicht erfüllen oder befolgen konnte."
So hätten etwa Soldaten ihre Erholungspausen direkt in Frontnähe nehmen müssen. "Der Generalstab hat angeordnet, dass Soldaten, wenn ihre Schicht [an der Front] vorbei ist, sich nicht im rückwärtigen Bereich ausruhen dürfen, sondern 50 Meter von der Front entfernt ausruhen müssen", beschwerte sich Krotewytsch. Dieser Befehl bringe die Soldaten "in große Gefahr". Er warf der Armeeführung vor, "sich kriminell schuldig zu machen, weil sie die Prinzipien des Krieges" nicht verstehe, insbesondere "wie FPV-Drohnen funktionieren, wie Gleitbomben funktionieren".
"Mentalität wie im Zweiten Weltkrieg"
"Sie haben immer noch die Mentalität, wie im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen", sagte der 32-Jährige. "Sie weigern sich immer noch, die modernen Waffen zur Bekämpfung von Zielen anzuerkennen." Laut Krotewytsch berufe sich Syrskyj auf Vorschriften aus dem Jahr 2016, zu einer Zeit, "als der Krieg noch völlig anders war".
Krotewytsch sagte, dass das überholte Denken auch die Positionierung größerer Hauptquartiere beeinflusse. Einmal sei das Hauptquartier der Asow-Brigade getroffen worden, trotz Bitten der Einheit, die Kommandozentrale wegen russischer Vorstöße zurückzunehmen. "Sie haben es uns ausdrücklich verboten und wir haben einen direkten Treffer erhalten."
Syrskyj versuche nicht, "die Kunst des Krieges anzuwenden", sagte Krotewytsch. Die Armeeführung kenne nur zwei Optionen: "Wenn der Feind angreift, wirft man einfach mehr Leute hinein. Und wenn der Feind übermächtig ist, ziehen Sie die Leute ab und sagen, dass man um das Leben der Menschen besorgt ist."
In den vergangenen Monaten habe sich Syrskyj zudem zu sehr auf die Offensive in der Region Kursk konzentriert, während die ukrainischen Truppen an anderen Stellen der Front "große Probleme hatten". Zudem habe die Ukraine unter seinem Kommando keinen Weg gefunden, einen Bewegungskrieg zu führen, während es Russland irgendwie jeden Monat geschafft habe, die ukrainischen Linien zu durchbrechen.
Image eines "Kanonenfuttergenerals"
Krotewytsch ist in der Ukraine eine bekannte Figur. 2014 schloss er sich dem damaligen Asow-Bataillon an. Im Frühjahr 2022 geriet er bei der Belagerung der Stadt Mariupol in russische Kriegsgefangenschaft. Später kam er durch einen Gefangenenaustausch frei und kehrte zu seiner Einheit zurück, die 2023 als Brigade neu aufgestellt wurde.
Im vergangenen Sommer warf Krotewytsch dem ukrainischen Generalleutnant Jurij Sodol Machtmissbrauch und Inkompetenz vor. Wenig später wurde Sodol von Präsident Wolodymyr Selenskyj entlassen. Ende Februar verließ Krotewytsch auf eigenen Wunsch die Armee.
Oleksandr Syrskyj ist seit Anfang 2024 Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte. In den ersten Monaten der russischen Großinvasion organisierte er die Verteidigung Kiews. Später leitete er die erfolgreiche Gegenoffensive in der Region Charkiw. Einige Militäranalysten kritisierten später seinen Verteidigungskampf um die Stadt Bachmut. In Teilen der ukrainischen Gesellschaft entstand daraufhin das Image eines "Kanonenfuttergenerals".
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