Angesichts der mutmaßlichen Hinrichtung von hunderten Zivilisten in Syrien hat der israelische Außenminister Gideon Saar die westlichen Staaten aufgefordert, die islamistische Übergangsregierung in Damaskus nicht zu legitimieren. Der neue Regierungschef Ahmed al-Scharaa und seine Männer „waren Dschihadisten und sind es geblieben, auch wenn sie jetzt Anzüge tragen“, sagte Saar der „Bild“-Zeitung vom Sonntag. Er kritisierte, dass europäische Vertreter in den vergangenen Monaten „nach Damaskus geströmt“ seien, um al-Scharaa die Hand zu schütteln.
Ab Donnerstag war es im Westen Syriens zu schweren Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Anhängern des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad in den Regionen Tartus, Latakia und Homs gekommen. Dabei kam es in den vorwiegend von Mitgliedern der religiösen Minderheit der Alawiten – welcher auch Assad angehört – bewohnten Gebieten nach Angaben von Aktivisten zu regelrechten Massakern an Angehörigen der Gruppe. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, töteten Sicherheitskräfte und ihre Verbündeten 745 alawitische Zivilisten, darunter auch Kinder.
Saar sagte der „Bild“-Zeitung dazu: „Diejenigen, die ein islamistisches Regime in der Enklave Idlib (im Nordwesten Syriens) geführt haben, sind dieselben geblieben – selbst, nachdem sie mit Gewalt weiteres Territorium erobert haben, einschließlich der Hauptstadt Damaskus.“ Er kritisierte „ihr Gerede über ,Inklusivität‘ gegenüber Syriens verschiedenen Minderheiten“. Das seien „nichts als leere Worte“. Saar fügte mit Blick auf die mutmaßlichen Massaker hinzu: „An diesem Wochenende fielen die Masken.“ Die neuen Machthaber „massakrierten gnadenlos ihr eigenes Volk“.
Von Europa fordert Saar: „Europa darf die Realität nicht verkennen. Es muss aufwachen. Es muss aufhören, einem Regime Legitimität zu verleihen, dessen erste Handlungen ? wenig überraschend angesichts seiner bekannten terroristischen Vergangenheit ? diese Gräueltaten sind.“ Der israelische Außenminister betonte: „Vor allem aber muss Europa seine Stimme erheben: gegen das Massaker, gegen den barbarischen Mord an Zivilisten, gegen das reine Böse der Dschihadisten.“
Mehrere hochrangige westliche Politiker waren nach dem Sturz von Assad Anfang Dezember durch die islamistische HTS-Miliz unter al-Scharaa nach Damaskus gereist, um mit der neuen Regierung zu sprechen. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) war nach Damaskus gereist.
Aktivisten sprechen von mindestens 1000 Opfern
Am Donnerstag waren bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Anhängern von al-Assad und Sicherheitskräften der neuen Regierung eskaliert. Aktivisten schätzen, dass insgesamt mehr als 1000 Menschen bei Massakern und Gefechten getötet wurden. Sicherheitskräfte der Übergangsregierung hätten 745 Zivilisten Menschen getötet oder exekutiert, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Abend. Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder.
Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle, die den Konflikt über ein Netzwerk von Informanten verfolgt, sprach von Massakern in 29 Orten der Gouvernements Latakia, Tartus, Hama und Homs. Die Küstenregionen gelten als Hochburgen der Alawiten, einer religiösen Gemeinschaft, der auch der gestürzte Machthaber Baschar al-Assad angehört. Die Beobachtungsstelle warf Kämpfern der islamistischen Interimsregierung Kriegsverbrechen vor.
In Latakia sei es auch zu Ausfällen bei der Strom- und Wasserversorgung gekommen. Bäckereien hätten die Produktion eingestellt und Märkte seien geschlossen, was es der Bevölkerung immer schwerer mache, sich zu versorgen.
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