Das neu erwachte Interesse von US-Präsident Trump an Grönland wirft einen Schatten auf die vorgezogenen Parlamentswahlen auf der Insel. Mit einem Mal steht das Land im Zentrum der globalen Aufmerksamkeit. Warum greift die US-Regierung nach dem früheren dänischen Kolonialgebiet?
Als US-Präsident Donald Trump 2019 zum ersten Mal die Idee äußerte, Grönland zu kaufen, hielten Leute das für einen Scherz. Aber jetzt lacht niemand mehr. Seit Trump am 20. Januar ins Amt zurückgekehrt ist, hat er mehrere Male sein Interesse an Grönland bekräftigt, so erneut kurz vor der Parlamentswahl auf der Insel am Dienstag auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social. Sein Vorstoß ist Teil einer aggressiven außenpolitischen "America First"-Agenda, die sich unter anderem in der Androhung einer Übernahme des Panamakanals und Äußerungen, dass Kanada 51. Bundesstaat der USA werden sollte, widerspiegelt.
Warum das Interesse?
Kurz zusammengefasst: Wachsende internationale Spannungen, die Erderwärmung und die sich wandelnde globale Wirtschaft haben Grönland ins Zentrum der Debatte über Welthandel und Sicherheit gerückt. Und Trump möchte sicherstellen, dass die USA dieses mineralreiche Land kontrollieren, das sozusagen als ein Torwächter beim Zugang zu Nordamerika von der Arktik und dem Nordatlantik betrachtet werden kann.
Was ist Grönlands Status?
Bislang ist die Insel ein sich selbst regierendes Territorium von Dänemark, einem langjährigen US-Verbündeten, bei dem Trumps Begehren auf entschiedene Ablehnung gestoßen ist. Dänemark hat auch das Recht Grönlands auf Unabhängigkeit zu jedwedem gewünschten Zeitpunkt anerkannt.
Vor dem Hintergrund von Trumps Äußerungen und verbreiteten Forderungen, dass es den Grönländern überlassen sein müsse, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, hat der Regierungschef der Insel für den heutigen Dienstag vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt. Auf der weltgrößten Insel leben etwa 56.000 Menschen, die zumeist der Inuit-Volksgruppe angehören - und bis jetzt vom Rest der Welt weitgehend ignoriert worden sind.
Was hat sich geändert?
Die Erderwärmung aufgrund des Klimawandels dünnt das arktische Eis aus, was die Entstehung eines nordwestlichen Schiffsweges für den internationalen Handel verheißt. Das wiederum befeuert den Wettbewerb zwischen Russland, China und anderen Ländern um den Zugang zu den Mineralien in der Region.
"Lasst uns klar sein: Wir treten bald in das arktische Jahrhundert ein, und sein prägendstes Merkmal wird Grönlands kometenhafter Aufstieg, anhaltende Bedeutung und allgegenwärtiger Einfluss sein", sagt Dwayne Memezes von der Polar Research and Policy Initiative, einer Denkfabrik in London. "Grönland - an der Kreuzung zwischen Nordamerika, Europa und Asien gelegen und mit einem enormen Potenzial an Ressourcen - wird nur noch strategisch bedeutsamer werden, hofiert von all den großen und kleinen Mächten. Eine ist ziemlich erpicht, einen Schritt weiter zu gehen und es zu kaufen." Das ermöglicht einen detaillierten Blick auf die Faktoren, die das US-Interesse an Grönland antreiben.
Arktischer Wettbewerb
Im Gefolge des Kalten Krieges war die Arktik weitgehend ein Gebiet internationaler Kooperation. Aber der Klimawandel, die Jagd nach raren Ressourcen und wachsende internationale Spannungen infolge der russischen Ukraine-Invasion treiben nun erneut den Wettbewerb in der Region an.
Strategische Bedeutung
Grönland liegt vor der nordöstlichen Küste Kanadas, mehr als zwei Drittel des Territoriums befindet sich innerhalb des Polarkreises. Das hat das Land seit dem Zweiten Weltkrieg, als die USA es besetzten, um sicherzustellen, dass es nicht in die Hände von Nazi-Deutschland fällt, äußerst wichtig für die Verteidigung Nordamerikas gemacht. Und es gilt, essenzielle nordatlantische Schiffswege zu schützen.
Die USA haben seit dem Krieg Stützpunkte auf der Insel behalten, und die Pazific Space Base - die ehemalige Luftwaffenbasis Thule - spielt für die USA und Nato eine wichtige Rolle in Sachen Raketenwarnungen, Raketenabwehr und Weltraum-Überwachung. Grönland bewacht außerdem einen Teil der sogenannten GIUK-Lücke (GIUK steht für Grönland, Island und Großbritannien), da, wo die Nato Bewegungen der russischen Marine in den Nordatlantik beobachtet.
Natürliche Ressourcen
Grönland verfügt über große Ablagerungen sogenannter seltener Erdmineralien, die benötigt werden, um alles Mögliche herzustellen - von Computern und Smartphones bis hin zu Batterien sowie Sonnen- und Windenergie-Technologien. Die US-Behörde Geological Survery hat auch potenzielle Öl- und Naturgasvorkommen vor der Küste ausgemacht. Die Grönländer würden die Ressourcen gern nutzen, aber es gelten strikte Umweltschutzregeln. Zudem werfen die harschen Klimabedingungen der Insel die Frage auf, inwieweit ein Abbau überhaupt machbar wäre.
Klimawandel
Das Schmelzen der Eisdecke legt Grönlands Mineralienreichtum offen, und die fortschreitende Meereseis-Schmelze öffnet die einst mythenhafte Nordwest-Passage durch die Arktik. Grönland liegt strategisch entlang zweier potenzieller Routen durch die Arktik, die die Dauer von Schiffsfahrten zwischen dem Nordatlantik und Pazifik verkürzen sowie das Umgehen der Engpässe des Suez- und Panamakanals ermöglichen würden. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass diese Routen in näherer Zukunft kommerziell genutzt werden können, es dürfte viele Jahre dauern, aber der Gedanke findet dennoch Beachtung.
Chinesisches Interesse
2018 hat sich China zu einem "arktiknahen Staat" erklärt, im Bestreben, mehr Einfluss in der Region zu gewinnen. China hat auch Pläne bekannt gegeben, eine "polare Seidenstraße" zu bauen, als Teil seiner globalen "Belt and Road Initiative", einem Infrastrukturprojekt zur Schaffung wirtschaftlicher Verbindungen zu Ländern rund um die Welt. Der seinerzeitige US-Außenminister Mike Pompeo wies Chinas Vorstoß in Sachen Arktik zurück, stellte die Frage: "Wollen wir den Arktischen Ozean in ein neues Südchinesisches Meer verwandeln, belastet durch Militarisierung und konkurrierende territoriale Ansprüche?". Ein von China gestütztes Seltene-Erden-Projekt in Grönland kam zum Stillstand, nachdem die örtliche Regierung 2021 die Förderung von Uran verboten hatte.
Unabhängigkeit
Das Gesetz, mit dem Dänemark 2009 Grönlands Autonomie verlängerte, schrieb auch das Recht der Insel auf Unabhängigkeit unter internationalem Gesetz fest. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Grönländer für Unabhängigkeit ist, aber es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wann das geschehen sollte. Die Möglichkeit einer Unabhängigkeit wirft die Frage von Einmischung von außen auf, die den US-Interessen an dem Land in die Quere kommen könnten.
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