• Der Istanbuler Stadtpräsident Ekrem Imamoglu muss in Untersuchungshaft.
  • Dies hat ein Gericht in Istanbul angeordnet, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet.
  • Laut türkischem Innenministerium wurde Imamoglu zudem als Stadtpräsident «vorübergehend» abgesetzt.
  • Zuvor waren erneut Menschen in der Türkei zum Protest auf die Strasse gegangen. Dabei gab es über 300 Verhaftungen.

Die Anordnung der Untersuchungshaft erfolgte zunächst in Verbindung mit den Korruptionsermittlungen. In beiden Verfahren wird gegen 106 Personen ermittelt. Auch gegen Imamoglus Berater und viele andere wurde Untersuchungshaft angeordnet.

Legende: Am Samstag sind wieder Zehntausende Menschen landesweit auf die Strasse gegangen, um gegen Imamoglus Festnahme zu protestieren. Keystone/AP Photo/Francisco Seco

Imamoglu war am Mittwoch festgenommen und am Samstag mehrere Stunden auf einer Polizeiwache zu den Vorwürfen befragt worden. «Die gegen mich erhobenen unmoralischen und haltlosen Anschuldigungen, die von erfundenen Berichten bis hin zum Zeitpunkt der Ermittlungen reichen, zielen darauf ab, mein Ansehen und meine Glaubwürdigkeit zu untergraben», liess Imamoglu danach über die Stadtverwaltung mitteilen.

Terrorismusvorwürfe

Dem Istanbuler Stadtpräsidenten werden Vorwürfe in Zusammenhang mit Terrorismus und organisierter Kriminalität gemacht. Kritikerinnen und Kritiker sehen dahinter den Versuch der Regierung, einen politischen Kontrahenten auszuschalten, und halten die Vorwürfe für fingiert.

Legende: In Istanbul setzte die Polizei Pfefferspray gegen Demonstrierende ein. Keystone/Khalil Hamra

Konkret gehe es bei den Korruptionsermittlungen um den Verdacht der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung, Bestechung, Betrug und Manipulation von Ausschreibungsverfahren bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Bei den Terrorermittlungen geht es demnach um den Vorwurf der Unterstützung der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

Konkurrenz zu Erdogan

Imamoglu gilt als aussichtsreicher Konkurrent des regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der nächsten Präsidentschaftswahl, die 2028 stattfinden soll. Der Istanbuler Stadtpräsident sollte – trotz seiner Festnahme – am heutigen Sonntag von der oppositionellen CHP zum Präsidentschafts­kandidaten nominiert werden.

In der landesweiten Abstimmung über die Kandidatur Imamoglus sind neben 1.7 Millionen Parteimitgliedern der CHP auch Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, symbolisch an 4000 Wahlboxen im Land abzustimmen. Imamoglu ist der einzige Kandidat. Beobachterinnen und Beobachter stufen ihn als aussichtsreichen Herausforderer Erdogans ein, die Ermittlungen können seine offizielle Kandidatur aber verhindern.

Mit der Ergebnisverkündung wird am Sonntagabend gerechnet.

Imamoglu abgesetzt

Inzwischen ist Imamoglu laut dem türkischen Innenministerium als Istanbuler Stadtpräsident vorübergehend abgesetzt worden. Das Ministerium begründete den Schritt mit der Untersuchungshaft. Das Istanbuler Parlament werde zusammenkommen und über einen vorübergehenden Stellvertreter abstimmen, sagte der Chef der CHP-Partei Imamoglus am Sonntagnachmittag. Das Büro des Stadtpräsidiums teilte mit, die Person werde nur für die Zeit der Ermittlungen Imamoglus Amt übernehmen.

In der Türkei wurden bereits zahlreiche Bürgermeister der prokurdischen Dem-Partei und kürzlich auch der sozialdemokratischen CHP, der Imamoglu angehört, wegen Ermittlungen ihres Amtes enthoben und in einem weiteren Schritt dann durch regierungsnahe Zwangsverwalter ersetzt. Die Absetzung des Bürgermeisters der 16-Millionen-Metropole Istanbul aber ist ein beispielloser Vorgang.

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