Eine prominent besetzte Initiative dringt auf eine Reform des deutschen Maschinenraums. Es gehe um nichts weniger als einen handlungsfähigen Staat. Vorschriften, Leistungen und Zuständigkeiten müssten massiv gestrafft werden. Nun liegt ein erster Bericht vor.

Mehr Vertrauen gegenüber den Bürgern, ein entschlossener Fokus auf die Digitalisierung und eine moderne Sicherheitsarchitektur: Mit diesen Kerninhalten sollte nach den Vorstellungen eines Expertengremiums unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten eine umfassende Reform für einen "handlungsfähigen Staat" begonnen werden. Die Initiative präsentierte ihren Zwischenbericht und legte insgesamt 30 Handlungsempfehlungen vor. Dabei warnten die Mitglieder vor einem Schaden für die Demokratie, sollte der Staat nicht handlungsfähiger werden.

"Wir wollen in den Maschinenraum des Staates", sagte der frühere Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle, eines der Mitglieder des Gremiums. Eine große Reform könne nur gelingen, wenn die Themen Bürokratie, Digitalisierung und Sozialreformen zusammen gedacht würden. Gelinge es nicht, wieder einen handlungsfähigen Staat aufzustellen, gehe das Vertrauen in die Politik und politische Institutionen noch weiter zurück.

Dabei warnte Voßkuhle eindringlich vor einem Abstieg Deutschlands zu einem Zweite- oder sogar Dritte-Welt-Land. "Wenn wir jetzt nicht in die Puschen kommen, dann wird das ein dramatisches Ergebnis werden." Und ein Abstieg gehe "unter den augenblicklichen Umständen relativ schnell", warnte er und berichtete von einem Aufenthalt in New York an einer Universität. Spreche er dort mit Kollegen, habe der Eindruck, die haben einen schon abgeschrieben. "Die halten Deutschland und Europa nicht mehr für handlungsfähig." In vielen Bereichen sei Deutschland "hinterher". Der Staat müsse jetzt handlungsfähig werden – jenseits alter ideologischer Machtkämpfe. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück ergänzte, dann werde die nächste Bundestagswahl eine "Nagelprobe für unsere Demokratie".

Initiative fordert "weniger und bessere Gesetze"

Konkret forderte die Initiative um Voßkuhle, Steinbrück und den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière zunächst eine auf Vertrauen basierende Verwaltung. Nötig seien weniger Berichts- und Dokumentationspflichten. Wer aber das Vorschussvertrauen des Staates missbrauche, müsse "härtere Strafen" bekommen, führte die Medienmanagerin Julia Jäkel aus.

  • Der Staat müsse die Digitalisierung schneller vorantreiben. Dazu sei ein eigenes Ministerium nur für Digitalisierung und Verwaltung nötig. So soll eine Neuordnung der mehr als 10.000 unterschiedlichen Software-Lösungen in Bund, Ländern und Kommunen gelingen.
  • "Weniger und bessere Gesetze" ,forderte Voßkuhle. Schon im Gesetzgebungsprozess müssten diese Checks durchlaufen, etwa mit Blick auf Soziales, Klima und Bürokratie. Für mehr Klarheit muss außerdem das "Zuständigkeitswirrwarr" zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgelöst werden, etwa bei der Bildung und bei Abschiebungen.
  • Im Sozialbereich setzt die Initiative auf eine Bündelung der 170 unterschiedlichen Sozialleistungen, die derzeit von fast 30 Behörden verwaltet würden, über eine zentrale Plattform.
  • Bürgerinnen und Bürger sollen in Form von Räten stärker beteiligt werden.
  • Die Initiative schlägt eine allgemeine Dienstpflicht für alle vor. Das Pflichtjahr könne in sozialen oder kulturellen Einrichtungen, bei der Bundeswehr oder in Blaulichtorganisationen abgeleistet werden.
  • Beim Thema Sicherheit gehe es darum, den Staat an die weltweite Sicherheits- und Gefahrenlage anzupassen. Dabei müsse der Bund die Zuständigkeit für den nationalen Katastrophenschutz erhalten und ein dauerhaftes nationales Krisenreaktionszentrum einrichten.
  • Auch der Schutz vor Cyberangriffen sei derzeit "völlig ungenügend", heißt es in dem Bericht. Hier müsse ebenfalls der Bund die Zuständigkeit erhalten.
  • Der Begriff der Verteidigung müsse überarbeitet und militärische und zivile Verwaltung müssten zusammengeführt werden.

Die Initiative rief die Politik auch dazu auf, die Bürgerinnen und Bürger "so transparent wie möglich über die Vor- und Nachteile staatlicher Transformationen zu informieren". Sie müssten dem "Gerechtigkeitsempfinden" der Menschen Rechnung tragen.

Dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier – Schirmherr der Initiative – legten die Initiatoren nach eigenen Angaben einen mehr als 80-seitigen Bericht mit Empfehlungen vor. Ob diese umgesetzt werden, obliegt der künftigen Bundesregierung und den übrigen Parteien. In einigen Fällen wären wohl Verfassungsänderungen nötig.

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