Seit dem Wochenende laufen in Washington die Vorbereitungen auf das an diesem Dienstag stattfindende Telefongespräch zwischen Donald Trump und Wladimir Putin auf Hochtouren. Für den US-Präsidenten ist es eines der heikelsten Telefonate. Sein Ziel ist kein geringeres, als den Ukraine-Krieg zu beenden.
Man habe „eine sehr gute Chance“, zu einer Übereinkunft zu kommen, sagte Trump noch am Sonntagabend. „Wir werden sehen, ob wir etwas zum Verkünden haben, vielleicht schon am Dienstag.“ Am Montagabend schrieb er auf Truth Social: „Viele Elemente eines endgültigen Deals sind schon vereinbart, aber viel ist noch offen.“
Damit schlug er einen optimistischeren Ton an als der in dieser Frage zum Top-Berater aufgestiegene Steve Witkoff. Der sprach am Sonntag von „Wochen“, die es dauern könne, bis man eine Einigung habe.
Trump ist in einer schwierigen Lage. US-Außenminister Marco Rubio und sein Sicherheitsberater Mike Waltz haben der Ukraine die Bereitschaft zu einer 30-tägigen Waffenruhe ohne sofortige Sicherheitsgarantien abgerungen. Dafür hatte Washington Kiew massiv unter Druck gesetzt. Nach dem Eklat im Oval Office wurde Selenskyj mit Beleidigungen und Vorwürfen überzogen, die Militärhilfe wurde gekappt und der Austausch von Geheimdienstinformationen ausgesetzt.
Russland reagierte verhalten auf die vor einer Woche in Saudi-Arabien erzielte Einigung. Putin erklärte sich prinzipiell bereit zu einer Waffenruhe, stellte aber drei harte Bedingungen. Während der 30 Tage dürfe die Ukraine weder Soldaten trainieren, noch rekrutieren. Und der Westen dürfe dem Land keine neuen Waffen liefern.
Das war nicht die Reaktion, die Trump sich gewünscht hatte. Er nannte Putins Statement zunächst „vielversprechend, aber nicht vollständig“. Der US-Präsident weiß, dass er sich nun in einer Zwickmühle befindet.
Er kann Putins Bedingungen nicht einfach so erfüllen, ohne schwach auszusehen. Selbst wenn er dazu bereit wäre, weil er somit seinem übergeordneten Ziel eines schnellen Kriegsendes näherkommen würde, müsste er nicht nur die Ukraine, sondern auch die Europäer ins Boot holen. Kiew dürfte sich einem einseitigen Verzicht auf Rekrutierung und Training verweigern. Im Zweifel könnte Trump Selenskyj durch abermaligen Druck dazu zwingen.
Anders sieht es bei den Europäern aus. Sie zeigen sich bislang nicht bereit, Putins Forderung nach einem Stopp der Waffenhilfe nachzukommen. Außerdem herrscht derzeit wenig Bereitschaft, Trump aus der Patsche zu helfen, wo dieser die Europäer bei seinen diplomatischen Manövern demonstrativ vom Verhandlungstisch fernhält.
Rückt Putin nicht freiwillig von seinen Bedingungen ab, bliebe Trump nur, den Druck auf den Kreml-Chef zu erhöhen, so wie er es gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getan hat, als dieser in seinen Augen nicht bereit für einen Frieden war. Fraglich ist, welche Möglichkeiten Washington dazu hat. Trump wollte die Frage nach seinen Druckmitteln gegenüber Putin ausdrücklich nicht beantworten.
Der ehemalige Beauftragte für den Ukraine-Krieg, Keith Kellogg, legte vor einigen Tagen dar, was man für möglich erachte. Bei der Durchsetzung der Sanktionen sei man auf einer Skala von eins bis zehn erst bei einer drei, sagte dieser bei einer Veranstaltung eines Think-Tanks in Washington. Außerdem könne man eingefrorene Vermögen beschlagnahmen und mehr Druck auf Russlands Energieexporte ausüben. Dazu sei der Präsident „willens“, bekräftigte die Sprecherin des Weißen Hauses am Montagabend nochmals.
Ende vergangener Woche entschied sich das US-Finanzministerium bereits, eine Ausnahmegenehmigung aus der Biden-Zeit nicht zu verlängern, die es russischen Banken weiter erlaubt hätte, auf US-Zahlungssysteme zuzugreifen, um Energieverkäufe abzuwickeln. Der Schritt macht es schwieriger für internationale Kunden, russisches Öl und Gas zu kaufen. Das könnte Russland um wertvolle Einnahmen im Staatshaushalt bringen.
Anders als gegenüber Selenskyj muss die Strategie des maximalen Drucks gegenüber Putin aber nicht unbedingt erfolgreich sein. Russlands Präsident ist in einer stärkeren Position. Für ihn wäre es nur von Vorteil, wenn der Krieg weiterginge. Gerade in einer Situation wie jetzt, wo die Ukraine schwächelt und die US-Unterstützung ausbleibt, bieten sich für Moskau gute Gelegenheiten, auf dem Schlachtfeld Fakten zu schaffen.
Wie nervös man angesichts dieser Ausgangslage im Weißen Haus ist, offenbarte Mike Waltz am Sonntag. Im Interview mit Fox News wurde er gefragt, ob man sich sicher sei, dass Putin Trump nicht in der Hand habe. Waltz antwortete mit einem gequälten „Ha-ha“. Der Vorwurf sei „lachhaft“, entgegnete er nur.
Trump selbst signalisierte, Putins stärkere Position anerkennen zu wollen und ihm entgegenzukommen. „Wir werden über Land sprechen. Wir werden über Kraftwerke sprechen“, sagte er am Sonntagabend. „Wir sprechen bereits darüber, bestimmte Vermögenswerte aufzuteilen.“
Am Montag drang zudem die Nachricht nach außen, dass im innersten Machtzirkel um Trump erwogen werde, die Krim als russisches Territorium anzuerkennen. Das berichtete das Portal „Semafor“ unter Berufung auf zwei anonyme Mitarbeiter. Wenn man diesen Schritt ginge, würde man auch die Vereinten Nationen dazu drängen, zu folgen.
Das US-Justizministerium gab am Montag außerdem bekannt, dass sich Washington aus der internationalen Ermittlergruppe zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen zurückziehen werde. Eine entsprechende Mitteilung wurde an die europäischen Verbündeten versendet.
Am Sonntag weigerte sich Steve Witkoff, Putin als Hindernis für einen Frieden zu bezeichnen. Stattdessen äußerte er sich lobend über den russischen Präsidenten. Dieser teile die Philosophie Trumps, den Krieg schnell zu beenden. Sein eigenes Treffen mit dem Kreml-Chef sei „positiv“ verlaufen, so Witkoff. Und das, obwohl Putin ihn ganze acht Stunden in Moskau warten ließ.
Gregor Schwung berichtet für WELT seit 2025 als US-Korrespondent aus Washington, D.C. Zuvor war er als Redakteur in der Außenpolitik-Redaktion in Berlin für die Ukraine zuständig.
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