Was muss Deutschland für seine Sicherheit tun? Das fragt Louis Klamroth in der ARD-Talkshow "Hart aber fair". Und dann geht es um den - angeblichen oder unterstellten - Rassismus bei der Bundeswehr, um die neue "Supermacht EU" und die Ausrüstungsmängel bei der Truppe.
Am Nachmittag stimmt der Bundestag über insgesamt zwei Finanzspritzen in Höhe von ungefähr einer Billion Euro ab. Zirka 500 Milliarden Euro sollen dabei in die deutsche Verteidigung fließen, wenn nötig auch mehr. Bei "Hart aber fair" diskutiert Moderator Louis Klamroth am Vorabend mit seinen Gästen unter anderem darüber, was die Bundeswehr braucht, um wieder eine schlagkräftige Armee zu werden.
Europa stehe vor der größten Sicherheitsherausforderung, begründet der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter den 180-Grad-Schwenk seiner Partei. Immerhin hatten die Christdemokraten im Wahlkampf erklärt, die Schuldenbremse nicht aufweichen zu wollen. Doch genau das soll der Bundestag an diesem Dienstag beschließen. Bei der Abstimmung gehe es nicht nur um die Bundeswehr, sondern auch um Bevölkerungs- und Zivilschutz, um die Stärkung der zivilen Infrastruktur und der Nachrichtendienste. Zudem sollen eigene Satellitenkapazitäten geschaffen werden. "Die Bundeswehr ist nur ein Ausschnitt", sagt Kiesewetter. Und: "Es ist für unsere ganze Gesellschaft wichtig, dass wir uns stärker um Sicherheit kümmern."
Ole Nymoen ist Buchautor und Host eines Podcasts. Im "Jacobin Magazin" spricht er sich gegen Wiederbewaffnung aus und sagt, er werde nicht für sein Land in den Krieg ziehen. Er argumentiert damit, dass die Bundesregierung mit dem ihr in Zukunft zur Verfügung stehenden Geld eigene Kriegsziele definieren könne. Die Europäische Union könne sich zu einer neuen Supermacht entwickeln, der Friedrich Merz vorstehen werde. "Mir macht so was Angst." Einen ähnlichen Vorwurf machte eine russische Zeitung - die naturgemäß die Linie des Kreml abbildet - der Bundesregierung am Montag. Die "Rossijskaja Gaseta" vergleicht darin das Billionenpaket mit den Kriegsfinanzierungen der Nazis. Ähnlich wie einst Hitler wolle auch Merz Deutschland zur "militärischen Faust Europas" machen, berichtet die ehemalige Moskau-Korrespondentin der ARD, Ina Ruck, bei "Hart aber fair" über die russische Sichtweise.
"Wir müssen offenbar etwas für die Bundeswehr tun", sagt Basha Mika, ehemalige Chefredakteurin der taz und der "Frankfurter Rundschau", die in den 1980er Jahren in der Friedensbewegung aktiv war. Die Bundeswehr müsse in der Lage sein, Deutschland zu verteidigen. "Aber wenn ich Friedrich Merz zuhöre, dann habe ich das Gefühl, dass es um mehr als nur Verteidigung geht", sagt Mika. Zudem sagt sie: "Ich finde es ausgesprochen schwierig, dass wir offenbar vergessen haben, dass wir eine Verpflichtung zum Frieden haben. Die steht bei uns im Grundgesetz."
"Ich glaube, im ersten Sinn geht es darum, dass wir die Bundeswehr ausrüsten für den Auftrag, den sie verfassungsgemäß zu erfüllen hat", widerspricht Andrea Rotter, Außenpolitikexpertin bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. "Daran sind natürlich auch die Erwartungen unserer europäischen Partner geknüpft, die schon sehr lange darauf dringen, dass wir als Deutschland wesentlich mehr in unsere eigene Verteidigungsfähigkeit investieren." Das sei richtig, stimmt Basha Mika zu. "Aber gleichzeitig müssen wir investieren in Diplomatie. Was haben wir sonst aus unserer Geschichte gelernt?"
Der Zustand der Bundeswehr
David Matei ist "Jugendoffizier". "Ich kläre über Sicherheitspolitik auf", so definiert Matei seinen Job. Das macht er auch auf TikTok. Dort hat er einen eigenen Kanal und versucht, junge Menschen für die Bundeswehr zu begeistern. Das sei eigentlich nicht sein Ziel, sagt er. "Aber ich bin gerne Soldat und blicke gerne auf die Zeit zurück, und natürlich kann ich nicht vermeiden, dass meine Leidenschaft auch in den Videos mit rüberkommt."
Matei spricht dabei auch über Probleme der Bundeswehr. "Ausstattung, also das Material muss her", sagt er. Das ändere sich aber gerade. Aber immer noch fehle Personal.
"Halten Sie die Bundeswehr eigentlich für einen Arbeitgeber, der sexy ist für junge Leute?" fragt Basha Mika mit unschuldigem Blick. "Es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens", antwortet Matei. Die Bundeswehr habe ihn geprägt. Er habe früh gelernt, Menschen zu führen. Aber darum geht es der Journalistin nicht. Sie begründet lieber die Personalprobleme: "Die Bundeswehr ist rassistisch, sexistisch und zum Teil rechtsradikal unterwandert. Und das, finde ich, ist ein Problem." Zudem würde ein Viertel der Jugendlichen, die zur Bundeswehr wollten, diese nach einem halben Jahr wieder verlassen.
Sexismus, Rassismus und Rechtsradikalismus seien ihm nicht begegnet während seiner Zeit bei der Bundeswehr, so Matei. Aber viele Menschen verließen die Bundeswehr, weil sie sich etwas anderes darunter vorgestellt hätten, beispielsweise, weil sie sich nicht die Haare schneiden wollten.
Auch Kiesewetter weist die Vorwürfe der Journalistin zurück. "Unser militärischer Abschirmdienst ist da sehr gut aufgestellt." Für ihn gibt es andere Gründe, warum Jugendliche bei der Bundeswehr schnell wieder hinschmeißen: "Das sind einmal die körperlichen Anforderungen, die sehr hoch sind. Aber das sind auch Flugzeuge, die nicht fliegen, Waffen, die nicht funktionieren, Fahrzeuge, die nicht einsatzbereit sind. Das ist in den letzten drei Jahren erheblich geändert worden, aber noch nicht dahin, wo es gut ist." Mittlerweile werde die Bundeswehr für die Landes- und Bündnisverteidigung ausgestattet, denn dafür sei sie da. "Wichtig ist, unsere Bevölkerung zu schützen und unsere Partner in Europa."
"Deutschland ist es wert", fügt Matei hinzu.
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