Geeint wie selten bringen die Republikaner in der vergangenen Woche den Übergangshaushalt durch den Kongress - mit Hilfe von zehn Demokraten. Die Basis zürnt, eine Abgeordnete spricht von "Verrat". Und jetzt?

US-Präsident Donald Trump walzt mit geeinter Kraft der Republikaner im Kongress voran. Er zerquetscht oder umfährt bislang fast jeglichen Widerstand. Sie reißen die Kompetenzen des Kongresses an sich, fordern die Justiz heraus, stoppen Zahlungen und entlassen Staatsangestellte. Die in die Opposition gedrängten Demokraten gucken nur zu - oder machen mit. Ende vergangener Woche stimmten neun Senatoren unter Führung des Senators Chuck Schumer im Senat für den Übergangshaushalt, um Trumps Regierung zu finanzieren. Es war kein üblicher Kompromiss beider Parteien. Sondern ein republikanischer Text mit finanziellen Freiheiten.

"Ich fange ein paar der Kugeln ab", sagte Schumer über seinen explosiven Schritt. Schon vor dessen Verkündung hatte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses gegenüber "Politico" prognostiziert: "Die sind total im Arsch. Sie werden es hundertprozentig schlucken." Nachdem es so weit war, gratulierte Trump dem Demokraten triumphal zu einem "schlauen Zug". Der 74-jährige Minderheitsführer und seine Gruppe aus Senatoren wendeten damit den Shutdown ab, aber beraubten ihre Partei, die in beiden Kongresskammern in der Minderheit ist, auf Monate ihres womöglich einzigen Druckmittels gegen die Republikaner.

Nicht wenige Demokraten, darunter auch die im Repräsentantenhaus, sind sauer - sie hätten gerne die offene Schlacht gegen die Republikaner erzwungen und Trump als Verantwortlichen gebrandmarkt. Stattdessen haben die Konservativen nun bis September ausreichend Zeit, um einen Plan auszuhecken, wie sie eine drohende Schuldenkrise abwenden und zugleich die abenteuerlichen Vorgaben aus dem Weißen Haus umsetzen wollen.

"Liberale Machtbasis zerstören"

Die Überlegung der eingeknickten Demokraten war: Trump und Elon Musk hätten einen Shutdown nutzen können, um Massenentlassungen, Kürzungen und Behördenschließungen voranzutreiben. Dann wären die Demokraten von wütenden Wählern und Aktivisten "weitaus stärker bedrängt" worden, argumentierte Schumer. Musk steuert das "Department of Government Efficiency" alias Doge, was die Einsparungen bringen soll, um Trumps Pläne von Steuersenkungen für Besserverdienende umsetzen zu können.

Der Superreiche würde einen Shutdown begrüßen, um seine Ziele zu erreichen, hatten Republikaner bereits vorher zu "Wired" gesagt. Doch die Steuersenkungen, die Trump umgesetzt sehen will, seien nur ein Teil des Vorhabens. "Es geht nicht darum, Geld zu sparen", wird ein Republikaner zitiert, der mit den Diskussionen vertraut ist: "Es geht darum, eine liberale Machtbasis zu zerstören."

Bei einem Regierungsstillstand wären viele Bundesbehörden und -programme praktisch auf Eis gelegt. Behörden wie das FBI und andere mit Strafverfolgungs- und Sicherheitsfunktionen würden ihre Arbeit weitgehend normal fortsetzen. Sozialleistungen würden weiterhin bezahlt. Im Fall der Fälle würde das Weiße Haus entscheiden, wer weiter bezahlt wird und wer nicht.

Der Umfragewert der Partei ist derweil auf ein historisches Tief abgestürzt; die Zustimmung in der seit 1992 durchgeführten Umfrage des Fernsehsenders CNN lag bei 29 Prozent, so niedrig wie nie. Einen klaren Favoriten für eine zukünftige Führungsrolle gibt es nicht.

Dagegen halten - aber wie?

Nun ist bei den Demokraten ein offener Konflikt über die Zukunft der Partei ausgebrochen. Die Basis ist wütend. In Washington rufen die Wähler an und fragen, was da los ist. Sie könnten sich ihre Abgeordneten und Senatoren auch abseits der Sitzungswochen vorknöpfen. Der kleine, aber laute progressive Flügel ist ohnehin nicht gut auf die Führung zu sprechen. "Das Wochenende, an dem die Demokraten gegen sich selbst in den Krieg zogen", titelt die "New York Times". Auf diesem Feldzug könnten politische Köpfe rollen.

Köpfe, welche die Demokraten über Jahrzehnte vertreten und geprägt haben. Manche sprechen sogar von einem möglichen "Tea Party"-Moment der Demokraten - mit wütenden Herausforderern, die per Kampfabstimmungen eine bisherige Politikergarde aus ihren Ämtern drängen und einen neuen Politikstil in Washington etablieren. Oder vielmehr, dem aggressiven Ton der Republikaner ähnlich begegnet.

Die im Zuge der ersten Präsidentschaft Trumps gegründete, landesweite Aktivisten-Organisation "Indivisible" forderte Schumers Rücktritt. Die Basisbewegung "Pass the Torch" verlangte dasselbe. Sie hatte sich im vergangenen Sommer schon für die Beendigung der Kampagne des alternden Ex-Präsidenten Joe Biden ausgesprochen. "Chuck Schumer ist weder willens noch in der Lage, die Situation zu meistern", erklärte die Gruppe. Seine einzige Aufgabe sei, die Übernahme unserer Demokratie durch MAGA zu bekämpfen. "Stattdessen ermöglicht er sie direkt."

Die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die bekannteste Stimme des progressiven Flügels der Partei, wollte nicht ausschließen, dass Schumer in den parteiinternen Vorwahlen herausgefordert würde. Dessen Entscheidung habe "ein tiefes Gefühl der Empörung und des Verrats" erzeugt. Das würde jedoch noch dauern: Der Senator aus New York müsste sich erst 2028 einer Kampfkandidatur stellen. Schumer hat auch die Nummer 2 der Demokraten im Kongress ins Zweifeln gebracht: Der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, wollte die Frage nicht beantworten, ob er weiterhin Vertrauen in Schumer habe. "Nächste Frage", blockte er.

Jeffries' Vorgängerin Nancy Pelosi teilte mit, Trump und Musk hätten eine "falsche Wahl" zwischen einem Shutdown und einem Blankoscheck für verheerende Kürzungen auf breiter Front konstruiert - und einige Demokraten seien in ihre Falle getappt, "statt zu kämpfen". Dies sei nicht akzeptabel. Ocasio-Cortez bezeichnete Schumers Entscheidung als "gewaltigen Fehler".

"Weder Fähigkeiten noch Mut"

Bezeichnend für den offenen Konflikt über die Vorgehensweise in Trumps zweiter Amtszeit und darüber hinaus sind die Ansichten von James Carville, einem 80-jährigen Berater von Präsidentschaftswahlkämpfen. Der riet den Demokraten vor ein paar Wochen zum "mutigsten Manöver in der Geschichte der Partei": sich umdrehen und tot stellen. Die Republikaner würden sich demnach mit den Folgen ihrer Politik selbst demontieren. "Die Unterstützung für diese Regierung wird ins Bodenlose fallen", meinte Carville.

Der Berater gehört zu einer älteren Generation in Washington, die hauptsächlich Wahljahre im Fokus haben. Doch seit Trump erstmals ins Weiße Haus einzog, hat sich womöglich der komplette Politikstil geändert; der Medienwelt angepasst. Im Repräsentantenhaus tauschen sich jüngere Abgeordnete der Demokraten, die Washington erst seit Trump kennen, in einem eigenen Chat aus, berichtet die "New York Times". Sie beklagten den fehlenden Kampfgeist der älteren Politiker.

"Die Generation, die uns bis hierher gebracht hat, hat weder die Fähigkeiten noch den Mut, uns zum nächsten Punkt zu bringen", wird Amanda Litman, eine Strategin des progressiven Flügels, zitiert. Sie habe bereits von mindestens sechs jungen Politikern gehört, mehr denn je, die Amtsinhaber im Kongress bei den Vorwahlen 2026 zur Kampfabstimmung herausfordern wollten. Dabei werde es "um eine Frage des Stils" gehen, also die Art der Kommunikation; Ansprache und Formate, soziale Medien und entsprechende Strategien.

Laut einer Studie hatten republikanisch orientierte Podcasts, Videoformate auf Streaming-Plattformen im vergangenen Jahr fünfmal so viele Zuhörer wie solche mit demokratisch inhaltlicher Färbung. Neun der zehn beliebtesten Shows hatten demnach konservative Schlagseite, mit insgesamt 197 Millionen Abonnenten. Etwa 20 Prozent der US-Amerikaner sagten, sie informierten sich regelmäßig über solche Influencer; bei unter 30-Jährigen waren es fast 40 Prozent. Eben bei dieser Wählergruppe hatten die Demokraten 2024 massiv an Zustimmung verloren, 21 Prozentpunkte gegenüber 2020. Die Republikaner gewannen 9 Prozentpunkte.

Die Demokraten suchen nun einen Konsens darüber, was sie bis zur Kongresswahl 2026 der Wucht der Republikaner entgegensetzen können und wie. Bei ihrer jährlichen Klausur in der vergangenen Woche hatten die Demokraten darüber beraten. Viel mehr als aus der Kategorie "weiter so" wurde nicht bekannt. "Niemand wird sich darum scheren, wie sehr Sie im März 2025 gekämpft haben", sagte Carville den Anwesenden dort laut "New York Times": "Sondern wie Sie 2026 gewinnen."

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