Russlands Staatschef Putin lässt Trump bei ihrem Telefonat zappeln. Der US-Präsident hat kaum Druckmittel. Stattdessen setzt er auf eine Außenpolitik aus der Vergangenheit. Und hofft darauf, einen Traum wahrzumachen.
Etwa um 10 Uhr Ortszeit in Washington beginnt das Gespräch über die Zukunft der Ukraine zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. Die Verhandlungsmasse: Militärische Macht, Energieversorgung und Territorium. Um 12:38 Uhr meldet die russische staatliche Nachrichtenagentur Tass, das Telefonat sei beendet. "Das Gespräch verläuft gut", hatte ein Berater des Weißen Hauses zwischendurch getwittert.
Das Ergebnis? Aus ukrainischer Sicht äußerst mager: Putin stimmt einer Waffenruhe für Ziele von Infrastruktur und Energie zu. Arbeitsgruppen sollten sollen nun eine allgemeine Feuerpause und danach Friedensverträge aushandeln. Ansonsten bleibt der Kreml bei seinen Forderungen - Mobilisierungsstopp der Ukraine und ein Ende aller westlichen Hilfen und Kooperation. Das dürfte kaum zu erfüllen sein, will der Westen die Ukraine nicht komplett fallen-, und der Gefahr eines erneuten Überfalls durch Russland überlassen.
Für Trump war das Gespräch ein möglicher Meilenstein auf seinem Weg in Richtung des so ersehnten Friedensnobelpreises. Eine Auszeichnung, der er seit Jahren hinterher schielt; der Abzug aus Afghanistan, die Abraham-Abkommen im Nahen Osten, sein Versuch, den Gaza-Konflikt per Umsiedlung zu lösen. Trump mag solche Gespräche der starken Männer, die mit symbolischen Handschlag-Deals enden. Auch wenn dabei über die Zukunft anderer entschieden wird, die dabei nichts zu melden haben. So wie die Ukraine, so wie Europa, die sich mit den Folgen wird befassen müssen.
Entsprechend war der Kalender des US-Präsidenten freigeräumt, am Vorabend des Telefonats hatte das Weiße Haus der Presse keine Termine mitgeteilt. Ausnahme: Trumps tägliche Dekret-Unterzeichnungsshow, die ungewöhnlich spät für 15:30 Uhr Ortszeit angesetzt wurde. Russlands Staatschef Wladimir Putin ließ sich vorher kurz bei einem Wirtschaftskongress blicken. Er sagte, eine Rückkehr westlicher Unternehmen stehe möglicherweise bevor, die Regierung werde sie aber prüfen und genehmigen müssen. Dann telefonierte er mit dem Weißen Haus.
Wie reagiert Europa?
Laut Kreml forderte Putin in dem Gespräch ein komplettes Ende der militärischen und Geheimdienst-Unterstützung der Ukraine durch die USA und deren Verbündete. Nur dann würde Russland seine Kampfhandlungen einstellen. Es sind Maximalforderungen, die auch Europa unter Druck setzen. England und die EU haben angesichts des vogelwilden Weißen Hauses der Ukraine ihre unverbrüchliche Unterstützung zugesprochen. Aller Voraussicht nach gibt Deutschland noch in dieser Woche ein Waffenpaket im Wert von drei Milliarden Euro für die ukrainischen Verteidiger frei. Europa müsste sich unabhängig von den USA dafür entscheiden, die Ukraine zu unterstützen, und Kiew sich darauf verlassen, dass dies reicht, um sich weiterhin gegen die russischen Angreifer wehren zu können.
Nach dem Eklat im Weißen Haus zwischen Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Trump Ende Februar hatten sich beide Seiten wieder einigermaßen zusammengerauft - und die Ukraine zugestimmt, einen Friedensprozess mit einer 30-tägigen Waffenruhe einzuleiten. Sie hatte kaum eine Wahl, wollte sie nicht die komplette Unterstützung der USA verlieren. Russland nahm sich einige Bedenkzeit, Putin sprach mit dem US-Vertreter Steve Witkoff, sein Außenminister Sergej Lawrow mit US-Außenminister Marco Rubio. Laut US-Medien gefielen Trump die Signale aus Moskau, also arrangierte er das Gespräch mit Putin.
Trump ist gegenüber Moskau in einer schwachen Verhandlungsposition. Er will etwas von Putin, ist ihm so praktisch ausgeliefert. Der kann abwarten, schließlich haben russische Truppen in der Ukraine die Überhand, rücken seit Monaten vor. Zudem ist der US-Präsident ein Verehrer des russischen Staatschefs, sagte die ehemalige Beraterin Fiona Hill schon im Jahr 2021: Trump bewundere Putin für seinen Reichtum, seine Macht, seinen Ruhm. Er halte ihn für den "ultimativen, knallharten Typen". Mit dem versucht Trump nun, einen Nenner zu finden.
Weder die Europäer noch die Ukraine saßen bislang mit am Tisch. Das heutige Telefonat der beiden Staatschefs sei "in Anlehnung an die Konferenz von Jalta 1945", schrieb die "New York Times". Bei dem Treffen hatten sich drei alliierte Staatschefs die Welt für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg untereinander in Einflusszonen aufgeteilt - über die Köpfe anderer Staaten hinweg. Das könnte nun ebenfalls passieren, nur ohne die dritte, europäische Partei, damals Großbritanniens Winston Churchill. Die Verhandlungen zwischen den USA und Russland sollen im Nahen Osten stattfinden. Werden die Europäer dieses Mal eingeladen?
Außenpolitik aus der Mottenkiste
Immer wieder ist zu hören, Trump schiele bei seinen außenpolitischen Anstrengungen vor allem auf eines: den Friedensnobelpreis. Den hatte der Präsident schon in seiner ersten Amtszeit mehrfach erwähnt, etwa nach der Unterzeichnung der Abraham-Abkommens von 2020. Darin erkannten die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain auf Vermittlung der USA Israel als Staat an und nahmen diplomatische Beziehungen auf.
Nun, in seiner zweiten Amtszeit, soll der Traum wohl Wirklichkeit werden. Bei einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Weißen Haus sagte Trump zu einem Journalisten über den Nobelpreis: "Ich verdiene ihn." Um den ging es womöglich auch in bisherigen Gesprächen zwischen Washington und Kiew: Bevor Trumps Treffen mit Selenskyj Ende Februar eskalierte, hatte der ukrainische Präsident vor der Presse geschmeichelt, er wolle seinem Gastgeber dabei helfen, die Auszeichnung zu gewinnen.
Abgesehen von den finanziellen Einsparungen für die USA, sich international zu engagieren, hofft Trump, den Nobelpreis für seine "America First"-Außenpolitik aus der Mottenkiste zu bekommen. Trump, sagen Historiker, sei ein "Souveränist", kein Isolationist. Die historische "America First" Bewegung war nach Hitlers Überfall auf Polen dagegen, dass die Vereinigten Staaten auf Seiten der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg eintraten. Dieser Ansatz aus der Vergangenheit dient seiner Vorstellung davon, wie er die USA als Präsident regieren sollte - ohne jegliche Kontrollen und internationale Verpflichtungen.
Ein militärisches "so lange wie nötig"-Versprechen, das Vorgänger Joe Biden gemeinsam mit der westlichen Allianz zu seinem Mantra für die Ukraine machte, steht dem im Weg. Für Trump heißt es stattdessen: So schnell es geht. Putin aber hat keine Eile.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke