Gut drei Monate nach dem Sturz des syrischen Langzeitherrschers Baschar al-Assad hat Deutschland wieder eine Botschaft in Syrien. Außenministerin Annalena Baerbock eröffnete die 2012 nach Beginn des Bürgerkriegs geschlossene Vertretung bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Damaskus.

Eine niedrige einstellige Zahl von deutschen Diplomaten soll nun vor Ort an der Stabilisierung und am Wiederaufbau des schwer zerstörten Landes mitarbeiten. Da noch nicht alle Sicherheitsvorkehrungen abgeschlossen seien, arbeite man aber auch von anderen Orten aus, sagte die Grünen-Politikerin.

Angesichts einer massiven Welle der Gewalt im Westen des Landes verurteilte die Ministerin die „gezielte Tötung von Zivilisten“ erneut scharf und appellierte an die Verantwortung der neuen Regierung des Islamisten und Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa.

„Das Land zu befrieden, Keimzellen von Extremismus und Terrorismus weiter zu bekämpfen, den politischen Übergang entschieden voranzutreiben und den Menschen rasch wirtschaftliche Perspektiven zu bieten – das ist die Mammutaufgabe, vor der die syrische Übergangsregierung (...) steht“, erklärte Baerbock vor ihrem Abflug nach Damaskus. Zuvor hatte die Ministerin den Libanon besucht.

Die „entsetzlichen Gewaltausbrüche“ in Syrien vor zwei Wochen hätten massives Vertrauen gekostet, sagte Baerbock mit Blick auf die schweren Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Assad-Anhängern, bei denen es nach Angaben von Aktivisten zu Massakern an Alawiten gekommen war, der religiösen Minderheit, der auch Assad angehört.

Die Übergangsregierung müsse „die Kontrolle über das Handeln der Gruppierungen in den eigenen Reihen haben und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen“. Dafür seien eine funktionierende Übergangsjustiz und die Aufarbeitung der Verbrechen unter Assad nötig.

War eine Auslandsvertretung mittlerer Größe

In der deutschen Botschaft in Damaskus arbeiteten früher 25 bis 30 entsandte Diplomaten und rund 20 lokale Angestellte. Sie war damit eine Auslandsvertretung mittlerer Größe. 2012 wurde sie aus Sicherheitsgründen geschlossen und stand seitdem leer. Als Baerbock das Gebäude bei ihrem ersten Besuch in Damaskus nach dem Sturz Assads im Januar besichtigte, hing noch ein Bild des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff (Amtszeit 2010 bis 2012) an der Wand. In den vergangenen Jahren kümmerte sich ein lokaler Angestellter um das Gebäude, der bereits seit 26 Jahren für die Botschaft arbeitet.

Geleitet werden soll die Vertretung nun zunächst von dem Diplomaten Stefan Schneck, der dann als Geschäftsträger fungiert. Ein Botschafter soll erst später benannt werden.

Die Ministerin sicherte dem Land auch Unterstützung beim Wiederaufbau zu. „Wir wollen die Syrerinnen und Syrer gemeinsam mit unseren europäischen Partnern und den Vereinen Nationen unterstützen – beispielsweise mit 300 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und den Zugang zu Bildung und psychosozialer Betreuung“ sowie mit der schrittweisen Lockerung von Sanktionen.

Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien sei möglich, erklärte Baerbock. Dies sei aber mit klaren Erwartungen verbunden, „dass Freiheit, Sicherheit und Chancen in Syrien für alle Menschen gelten – für Frauen und Männer, für Angehörige aller Ethnien und Religionen“.

Baerbock war bereits im Januar von al-Scharaa im Präsidentenpalast in Damaskus zu Gesprächen empfangen worden. Dabei hatte der islamistische Machthaber ihr den Handschlag verweigert.

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