Eingeführt wurde der Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost. Zahlen müssen zunächst alle Beschäftigten und später nur noch Gutverdienende. Am Bundesverfassungsgericht steht nun ein Urteil über den "Soli" bevor. Ein Wegfall hätte große finanzielle Auswirkungen.

35 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung könnte das Bundesverfassungsgericht den Solidaritätszuschlag endgültig begraben. Für Mittwoch kündigten die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats in Karlsruhe ein Urteil über den Zuschlag an, den derzeit nur noch Gutverdienende und Unternehmen zahlen. Sollte er ganz abgeschafft werden, würden für den Bund zwölf bis 13 Milliarden Euro an jährlichen Einnahmen wegfallen.

Der sogenannte Soli wurde erstmals 1991 befristet und ab 1995 unbefristet eingeführt, um nach der deutschen Wiedervereinigung die Kosten für den Aufbau Ost zu bewältigen. Anfangs wurde er als siebeneinhalbprozentiger Aufschlag auf die Lohn-, Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer erhoben. Seit 1998 liegt der Satz bei fünfeinhalb Prozent. Gezahlt werden muss der Zuschlag gleichermaßen in Ost und West. Die Einnahmen fließen allein dem Bund zu und sind nicht zweckgebunden.

Der Solidarpakt lief Ende 2019 aus, der Soli blieb - aber nur für wenige. Seit 2021 gelten deutlich höhere Freigrenzen, darauf einigte sich die damalige Koalition aus CDU und SPD. Etwa 90 Prozent der Lohn- oder Einkommensteuerzahlenden sind aktuell von der Abgabe befreit. Nur für Unternehmen und Gutverdienende blieb der Soli erhalten. Die Freigrenzen wurden jedes Jahr weiter nach oben verschoben. 2024 musste den vollen Satz zahlen, wer als Single ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von etwa 104.000 Euro hatte. Auch Anleger zahlen den Soli auf Kapitaleinkünfte, wie etwa Dividenden aus Aktien.

FDP plädierte auf Abschaffung

Sechs Bundestagsabgeordnete der FDP, die damals in der Opposition war, reichten im Jahr 2020 eine Verfassungsbeschwerde ein. Diese wendet sich gegen das Solidaritätszuschlaggesetz. "Der Soli ist verfassungswidrig und gehört abgeschafft - endgültig und für alle", erklärte die FDP-Fraktion zu dem Anlass.

Sie halten die weitere Erhebung des Zuschlags nach 2019 für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. Er habe der Finanzierung der deutschen Einheit gedient und solle nach Auslaufen des Solidarpakts für alle entfallen, argumentieren sie. Sie finden, dass das Solidaritätszuschlaggesetz sie in ihrem Recht auf Eigentum verletzt. Außerdem sehen sie ein Problem darin, dass nur ein Teil der zuvor Abgabepflichtigen den Zuschlag noch zahlt.

Ein Urteil gab es in München. Dort urteilte das oberste Finanzgericht, der Bundesfinanzhof, im Januar 2023 in einem Musterverfahren, dass der Soli weiter erhoben werden dürfe. Geklagt hatte ein bayerisches Ehepaar mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler gegen die Zahlung für 2020 und 2021. Die Klage wurde abgewiesen.

Entscheidung am Mittwoch

Die Bundesregierung argumentierte vor Gericht damit, dass die finanziellen Folgen der Wiedervereinigung noch nicht ganz bewältigt seien. Politiker von SPD und Grünen verteidigten zudem die Entscheidung, nur Menschen mit hohem Einkommen heranzuziehen. Das sei volkswirtschaftlich richtig.

Für eine sogenannte Ergänzungsabgabe wie den Soli muss der Bund einen zusätzlichen Finanzbedarf haben. In Karlsruhe ging es um die Frage, ob die Abgabe auch dann noch erhoben werden darf, wenn die Voraussetzungen wegfallen - der Bund aber weiter aus besonderen Gründen mehr Geld braucht. Das Gericht befragte dazu Steuerrechtler, die diese Frage unterschiedlich beantworteten. Am Mittwoch wird klar, wie die Verfassungsrichterinnen und -richter es sehen.

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