Auf die Fahrgäste im Berliner Nahverkehr kommt ein weiterer 48-stündiger Warnstreik zu. Die Gewerkschaft Verdi ruft nach gescheiterten Tarifverhandlungen mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) zum Ausstand am Mittwoch und Donnerstag auf.

Der Ausstand soll am Mittwoch mit Betriebsbeginn gegen 3:00 Uhr morgens beginnen und am Freitagmorgen mit Betriebsbeginn gegen 3:00 Uhr enden.

„Die BVG ist auch in der sechsten Verhandlungsrunde ein Angebot schuldig geblieben, das der verantwortungsvollen Arbeit der Beschäftigten gerecht wird und die drastischen Preissteigerungen der letzten Jahre sowie den deutlichen Lohnabstand im bundesweiten Vergleich ausreichend kompensiert“, sagte Verhandlungsführer Jeremy Arndt. Der Berliner Senat sei gefragt, „endlich Verantwortung zu übernehmen und die Finanzierung angemessener Löhne bei der BVG sicherzustellen“.

Die BVG verurteilte die Ankündigung weiterer Warnstreiks „aufs Schärfste“. „Während die BVG die Schlichtung vorschlägt, um den Konflikt zu lösen, reagiert die Gewerkschaft destruktiv. Das macht man nicht“, teilte das Unternehmen mit. Damit habe Verdi den Bogen überspannt. „Ein weiterer Streik auf dem Rücken der Berlinerinnen und Berliner wäre ein Unding!“

Tarifverhandlungen zwischen Verdi und BVG nach sechs Runden gescheitert

Die sechste Runde in den Tarifverhandlungen zwischen der BVG und Verdi endete am Freitag ergebnislos. Die Gewerkschaft kündigte eine Urabstimmung über unbefristete Streiks an. Diese soll von 26. März bis zum 4. April dauern. Für einen unbefristeten Streik müssten in einer Urabstimmung mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Mitglieder stimmen.

Es sei „deutlich geworden, dass es auf Gewerkschaftsseite keinerlei Bewegung gibt und Verdi weiter an der realitätsfremden und nicht finanzierbaren Forderung von 750 Euro pro Monat mehr Gehalt festhält“, teilte die BVG mit. „Dabei muss nun allen klar sein, dass eine weitere Erhöhung des Angebots durch die BVG nur mit gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen kann.“ Die BVG hält an einem bereits vor Monaten vereinbarten weiteren Verhandlungstermin am 10. April fest.

Beide Seiten verhandeln seit Mitte Januar über einen neuen Tarifvertrag für rund 16.000 Beschäftigte. Seitdem hat Verdi den Berliner Nahverkehr viermal weitgehend lahmgelegt – zuletzt am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche. Zusätzlich zu einer Brückensperrung auf der Stadtautobahn A100 brach damit in der Hauptstadt ein völliges Verkehrschaos aus. S-Bahnen sowie Regionalbahnen sind von den Streiks allerdings nicht betroffen.

Nun könnten deutlich längere Ausstände auf die Fahrgäste und das kommunale Unternehmen zukommen. Wie lange der Ausstand dann tatsächlich dauern würde, ist unklar. Manchem Berliner werden die Tarifverhandlungen zwischen BVG und Verdi von 2008 in Erinnerung sein. Damals legte die Gewerkschaft das Unternehmen in drei Monaten rund sechs Wochen lahm.

Schlichtung zwischen Verdi und der BVG möglich

Beide Seiten könnten zudem vorschlagen, eine Schlichtung einzuberufen. Das ist ein freiwilliges Verfahren, bei dem unabhängige Vermittler versuchen, den Konflikt beizulegen. Die jeweils andere Seite müsste einer Schlichtung jedoch zustimmen. Ob Verdi das tun würde, ist fraglich – zuletzt wollte die Gewerkschaft den Druck auf das Unternehmen hochhalten.

Am Ende des Verfahrens geben die Schlichter eine Empfehlung für eine Einigung ab. Während einer Schlichtung darf nicht gestreikt werden. Allerdings könnte eine Urabstimmung parallel durchgeführt werden. Dann könnte Verdi zu Streiks aufrufen, falls die Schlichtung nicht zum Erfolg führt.

Vor wenigen Tagen waren die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen gescheitert – hier sollen Schlichter nun bis Anfang April eine Lösung finden.

Gewerkschaft fordert 750 Euro mehr im Monat

Verdi war mit einer Forderung von monatlich 750 Euro mehr bei einer Laufzeit von zwölf Monaten in die Verhandlungen gegangen. Zudem verlangte die Gewerkschaft ein 13. Monatsgehalt, eine Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage in Höhe von 300 Euro sowie eine Schichtzulage von 200 Euro.

Verdi hatte vor allem mit einem Nachholbedarf infolge der Preisentwicklung argumentiert. Zudem könne die BVG nur so als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Die letzte Entgeltrunde bei der BVG war noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflation.

Die BVG erkennt den Nachholbedarf an. Das Unternehmen betont jedoch zugleich, dass man sich bei den Tarifverhandlungen 2021 mit Verdi auf eine Wochenarbeitszeit von 37,5 statt 39 Stunden bei vollem Lohn geeinigt habe. Zudem sei man als Arbeitgeberin auch jetzt schon attraktiv und habe im vergangenen Jahr mehr als 2.000 Menschen neu eingestellt. Die Verdi-Forderungen seien nicht finanzierbar.

Ein neues Angebot legte die BVG am Freitag nicht vor – man habe jedoch „verschiedene Denkanstöße und Modelle“ vorgelegt, teilte das Unternehmen mit. Die jüngste Offerte lag bei stufenweise 375 Euro und 24 Monaten Laufzeit. Beim Weihnachtsgeld bietet die BVG nach eigenen Angaben 200 Euro in zwei Schritten zusätzlich. Bei der Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage liegen demnach 225 Euro auf dem Tisch, bei der Schichtzulage 130 Euro. Durchschnittlich würden die Löhne aller Mitarbeiter den Angaben zufolge in zwei Jahren um 13,6 Prozent steigen.

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