Schleswigs-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat seine Partei zu einem respektvolleren Umgang mit anderen Parteien, insbesondere mit den Grünen, aufgerufen. „Der gestrige Aschermittwoch sollte jetzt endlich der Schlussstrich unter die Herabwürdigungen von politischen Mitbewerbern sein“, so Günther zu WELT. „Persönliches Nachtreten und Häme gehören sich für demokratische Parteien ohnehin nicht, mit Blick auf die weltpolitische Lage und die verstörenden Bilder aus den Vereinigten Staaten in den letzten Tagen ist so etwas vollkommen unangemessen.“
Günther verwies auf die Beschlüsse der Sondierungskommissionen von Union und SPD für ein neues Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastrukturmaßnahmen, das in der kommenden Woche noch durch den alten Bundestag und auch durch den Bundesrat gebracht werden muss. Die entsprechenden Beschlüsse seien „zentral für die Sicherheit unseres Landes“ und seien von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaft des Landes. „Wir können jetzt eine Aufbruchsstimmung in Deutschland und sogar in ganz Europa erzeugen. Dieses Momentum müssen wir alle gemeinsam nutzen.“ Für die Verabschiedung der entsprechenden Gesetze brauchen Union und SPD in beiden Parlamentskammern die Stimmen der Grünen.
Er werbe deshalb „auch bei den Grünen dafür, den Veränderungen der Schuldenbremse und den Sondervermögen zuzustimmen“. Die Partei habe sich „früher als andere, auch in der Unionsfamilie, für diesen Weg ausgesprochen“, so Günther. „Ich erwarte jetzt auch Respekt aus der Union gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern der Grünen, wenn sie diesen Weg aus staatspolitischer Verantwortung mitgehen.“ Die Mahnung richtet sich unter anderem an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) sowie CSU-Generalsekretär Martin Huber, die beim Politischen Aschermittwoch Partei Spott und Häme über die bei der Bundestagswahl unterlegenen Grünen ausgeschüttet hatten.
„Grün ist raus, Grün ist raus“, rief Söder unter Jubel der Zuschauer. „Die Grünen waren gegen uns, sie waren gegen Bayern und sie haben von den Wählern die Quittung bekommen. Es ist vorbei“, sagte der Münchner Regierungschef und teilte en passant auch gegen den von ihm wenig geschätzten Günther aus. Er wünsche dem scheidenden Wirtschaftsminister Robert Habeck alles Gute, so der CSU-Chef. „Ich bin sicher, Daniel Günther hat ihm (Habeck, d. Red.) schon ein schönes Plätzchen in seiner Koalition reserviert.“
Günther regiert in Kiel mit einer schwarz-grünen Koalition und begegnete dem Bayern am Donnerstag mit einer Retourkutsche: „Ich schlage mit Beginn der Fastenzeit ein Enthaltsamkeitsgebot vor, nicht mehr despektierlich über die politischen Mitbewerber zu sprechen“, so der schleswig-holsteinische Regierungschef. „Für die ein oder andere Person wäre das natürlich eine ziemliche Umstellung, vielleicht würde ihm sogar langweilig werden. Aber für den Zusammenhalt in unserem Land wäre das ein echter Segen“, so Günther mit Blick Richtung Bayern.
Grüne rügen mangelnden Respekt von Schwarz-Rot
Die Grünen selbst ließen ebenfalls durchblicken, dass der bisherige Stil der schwarz-roten Sondierer wenig geeignet sei, sie zu einem Ja zu den nötigen Grundgesetzänderungen zu bewegen. „Das Vorgehen von CDU/CSU und SPD befremdet uns sehr und ist in keiner Weise von Respekt und überlegtem Vorgehen geprägt“, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic. „Wir sind gesprächsbereit und haben das auch schon kommuniziert. Doch alle im Raum stehenden Fragen müssen gründlich geklärt und abgewogen werden.“
Mihalic monierte auch, dass ihrer Partei zur konkreten Ausgestaltung der beabsichtigten Grundgesetzänderungen noch immer keine detaillierte Ausarbeitung vorliege. Nach wie vor nicht beantwortet sei, warum nur bestimmte Sicherheitsbereiche besser finanziert werden sollen und weder die Gesamtverteidigung noch die Nachrichtendienste berücksichtigt würden. „Auch das gänzliche Fehlen der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen ist unverständlich.“
CDU, CSU und SPD hatten in der vergangenen Woche vereinbart, die Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben zu lockern und ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur zu schaffen. Die Änderungen, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, sollen noch vom bestehenden Bundestag beschlossen werden. Die Grundgesetzänderungen sollen am 13. März ins Plenum eingebracht und am 18. März vom Bundestag beschlossen werden.
Korrespondent Ulrich Exner berichtet vor allem aus den norddeutschen Bundesländern.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke