Der Bundestag kostituiert sich und wählt das Präsidium des Parlaments. Zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren findet sich dort niemand, der im Osten Deutschlands geboren wurde. Darunter leidet die Demokratie, sagt ein Abgeordneter im Gespräch mit ntv.

Der 21. Deutsche Bundestag hat sich konstituiert und ein neues Präsidium gewählt - zum ersten Mal seit 1998 fehlt in diesem ein Abgeordneter, der im Osten der Republik geboren wurde oder aufwuchs. "Wir erleben hier keine Überraschung, sondern die Fortführung eines Trends", sagt dazu der Grünen-Abgeordnete Kassem Taher Saleh zu ntv.de. Er nennt dies "einen Riesenschritt rückwärts".

"Die Bundestagswahlen fanden während der sächsischen Ferien statt, den Ostbeauftragten will man abschaffen und im Bundestagspräsidium ist keine Ostdeutsche." Es werde immer gesagt, man wolle die Demokratie im Osten stärken, aber gleichzeitig machten die Verantwortlichen "den Osten unsichtbar", so Taher Saleh. "Hier zeigt sich die Gemütlichkeit der westdeutschen Demokratie."

Taher Saleh wünscht sich in diesem Belangen auch mehr Engagement von seiner eigenen Partei. Vielfalt solle als Ganzes betrachtet werden, Gruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden, schlägt er vor. Der 31-Jährige, der ursprünglich aus dem Irak stammt, aber von klein auf in Sachsen lebt, moniert das Fehlen von Frauen, Migranten, queeren und ostdeutschen Personen im Parlament insgesamt. "Das macht es nicht leichter, unsere Demokratie zu stärken."

Der SPD-Abgeordnete Detlef Müller nennt diesen Zustand auf X "bitter". "Seit 1998 war stets ein/e Ostdeutscher/Ostdeutsche im Bundestagspräsidium: Als Präsident (Wolfgang Thierse) oder Vizepräsident/-in: Petra Pau, Dagmar Ziegler, Katrin Göring-Eckardt, Yvonne Magwas", erinnert sich der Chemnitzer. Jetzt allerdings "leider nicht mehr".

Was macht das Präsidium des Bundestags überhaupt?

Das Präsidium des Deutschen Bundestags leitet die Sitzungen des Parlaments. Zur Vorsitzenden wurde Julia Klöckner von der CDU gewählt. Die Vizepräsidenten sind Andrea Lindholz von der CSU, SPD-Politikerin Josephine Ortleb, Omid Nouripour von den Grünen und der Linken-Abgeordnete Bodo Ramelow. Immerhin: Letzterer war jahrelang Ministerpräsident in Thüringen. Ramelow wurde in Niedersachsen geboren. 1990 zog er im Alter von 34 Jahren nach Thüringen.

Bei der Leitung der Plenarsitzungen wechseln sich der Präsident und die Vizepräsidenten ab. Sie dürfen in dieser Funktion Abgeordnete ermahnen, ihnen das Wort entziehen und Beschuldigte von Plenar- und Ausschusssitzungen ausschließen.

Auch "Angelegenheiten, die die Leitung des Hauses betreffen", berät das Präsidium, erklärt die Bundestagsverwaltung. Die gewählten Abgeordneten wirken zudem an Personalangelegenheiten der Verwaltung und beim Abschluss wichtiger Verträge mit. Im Rahmen des Parteiengesetzes setzt das Präsidium die jährliche Höhe der staatlichen Mittel zur Parteienfinanzierung fest und überwacht die regelkonforme Verwendung der Finanzen.

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