Der Solidaritätszuschlag bei der Steuer ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht wies am Mittwoch die Klagen sechs ehemaliger FDP-Bundestagsabgeordneter zurück. „Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen“, sagte Richterin Christine Langenfeld bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe.

„Der Bund verzeichnet weiterhin einen wiedervereinigungsbedingten, zusätzlichen Finanzierungsbedarf.“ Die Erhebung des Solidaritätszuschlages sei auch seit 2020 und in veränderter Form ab 2021 verfassungsgemäß.

Das Urteil dürfte auch die Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD zur Bildung einer neuen Bundesregierung beeinflussen. Ein neues Milliardenloch im Etat ist damit zwar vorerst abgewendet. Die Union forderte im Wahlkampf aber die Soli-Abschaffung als Teil einer Steuersenkung. Die SPD will für Spitzeneinkommen und die Wirtschaft daran festhalten.

„Wir akzeptieren das Urteil. Gleichwohl bräuchten wir jetzt dringend steuerliche Entlastungen für die Unternehmen und für die arbeitende Mitte, damit der Standort Deutschland im internationalen Vergleich wieder wettbewerbsfähig wird und wir auf einen Wachstumskurs zurückkehren“, sagte Unions-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg nach der Entscheidung in Karlsruhe.

Wirtschaftsverbände zeigen sich enttäuscht

Wirtschaftsverbände fordern nach dem Urteil Union und SPD zur Abschaffung des Solis auf. „Das Urteil ist ein herber Rückschlag für die Unternehmen“, sagte Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Jetzt sei die Politik am Zug. „Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags gehört in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung.“

Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian, sagte, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags wäre für Unternehmen ein wichtiges Signal für spürbare Entlastungen. „Mit einer kompletten Abschaffung des Solidaritätszuschlags könnte die neue Bundesregierung ein wichtiges Signal für den Einstieg in eine umfassende Unternehmenssteuerreform setzen.“

Ähnlich äußerte sich der Verband der Chemischen Industrie (VCI). „Die künftige Bundesregierung darf sich vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht abhalten lassen und mutig eine Steuerreform anpacken, bei der auch der Soli entfällt“, forderte VCI-Steuerexperte Berthold Welling.

Mit Blick auf den globalen Wettbewerb sei es dringend geboten, dass die Gesamtsteuerlast der Unternehmen in Deutschland auf maximal 25 Prozent gesenkt werde. „Verfassungsrechtlich hat der Soli Bestand, doch es wäre politisch höchste Zeit, diese Abgabe abzuschaffen“, forderte auch der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, Rainer Kirchdörfer.

Es geht um 12,6 Milliarden Euro

Der Solidaritätszuschlag wurde mit den Kosten der Wiedervereinigung begründet und gilt seit 1995 unbefristet. Seit 2021 müssen ihn nur noch die oberen zehn Prozent der Steuerpflichtigen bezahlen. 90 Prozent liegen unter der Freigrenze. Die Abgabe beträgt zusätzlich 5,5 Prozent der Einkommensteuer. Außerdem wird der Zuschlag auf Kapitalerträge und die Körperschaftsteuer erhoben.

Die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag betrugen zuletzt gut 12,6 Milliarden Euro im Jahr. Das Geld ist – wie alle Steuereinnahmen – nicht zweckgebunden und fließt komplett in den Bundeshaushalt.

Sechs Millionen Deutsche zahlen den Soli

Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge zahlten zuletzt noch rund sechs Millionen Menschen und 600.000 Kapitalgesellschaften die Abgabe. In diesem Jahr müssen laut Finanzministerium diejenigen Soli zahlen, die mindestens 19.950 Euro Steuern auf ihr Einkommen ableisten.

Teilweise fällig wird die Abgabe damit für alle Ledigen mit einem zu versteuernden Einkommen ab etwa 73.500 Euro. Der volle Soli ist ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 114.300 Euro zu zahlen. Für Verheiratete oder Steuerpflichtige mit Kindern liegen die Grenzen höher.

Die FDP-Abgeordneten, unter ihnen der ehemalige Fraktionsvorsitzende Christian Dürr, hatten argumentiert, dass der Solidarpakt zur Herstellung gleicher Lebensverhältnisse in den alten und neuen Bundesländern 2019 auslief. Danach habe es keine Rechtfertigung für die Ergänzungsabgabe gegeben. Außerdem bestehe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, weil seit 2021 nur noch Gutverdiener herangezogen würden.

Die Bundesregierung verweist dagegen auf einen weiteren zusätzlichen Finanzbedarf infolge der Wiedervereinigung und auf ein entsprechendes Gutachten aus dem Jahr 2020. Auch der Bundesfinanzhof hatte den Solidaritätszuschlag für zulässig erklärt.

Nach der Entscheidung in Karlsruhe machte Dürr abermals deutlich, dass er den Solidaritätszuschlag weiterhin für falsch hält und forderte milliardenschwere Entlastungen für Betriebe und Sparer.

„Friedrich Merz muss jetzt handeln“, erklärte er auf X. Wer sich ein Schuldenpaket genehmige, müsse auch in der Lage sein, 13 Milliarden Euro jährliche Entlastung umzusetzen. „Eine politische Entscheidung ist heute umso notwendiger geworden.“ Der Soli schwäche den Wirtschaftsstandort.

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