CDU, CSU und SPD wollen das Bürgergeld durch eine neue Grundsicherung ersetzen. Darauf haben sich die Parteien in den Koalitionsverhandlungen geeinigt, wie ein Papier der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales zeigt. Bei einigen Punkten besteht Einigkeit, andere sind noch strittig. Was im Koalitionsvertrag steht, wird von einer Spitzenrunde um die Parteivorsitzenden entschieden.

Ziemlich sicher ist, dass bei der Grundsicherung wieder der Vermittlungsvorrang gelten soll. Statt Transferleistungsempfänger durch Weiter- und Fortbildungen zu schleusen, sollen sie schnellstmöglich einen Job annehmen – auch wenn es erst einmal ein Helferjob ist. An dieser Stelle hat sich die Union mit einer Rückkehr zu den Hartz-IV-Regeln durchgesetzt.

Allerdings gibt es eine Hintertür: „Für diejenigen, die aufgrund von Vermittlungshemmnissen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt finden, werden wir vor allem durch Qualifizierung und eine bessere Gesundheitsförderung und Reha-Maßnahmen eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen“, steht im Papier. Mehrere Hunderttausend Menschen könnten so von dem Vermittlungsvorrang ausgenommen werden.

Ebenfalls geeint sind schärfere Sanktionen für Totalverweigerer. „Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen“, heißt es in dem Papier. Doch auch hier gibt es eine Hintertür: „Für die Verschärfung von Sanktionen werden wir die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachten.“

Das Gericht hatte 2019 entschieden, dass eine volle Hartz-IV-Kürzung oder eine Teilkürzung um 60 Prozent verfassungswidrig ist, weil dadurch das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gedeckt sei. Es wird also entscheidend sein, wie die mögliche Koalition das Gesetz für die neue Grundsicherung formuliert. Zudem sollen Schonfristen für das Vermögen von Empfängern der Grundsicherungen verkürzt oder ganz abgeschafft werden.

Union und SPD wollen zurück zur alten Bürgergeldberechnung

Bei der Festlegung der Höhe der neuen Grundsicherung soll zum alten Verfahren zurückgekehrt werden, bei dem sich Preissteigerungen erst nachträglich in der Höhe der Unterstützung auswirken. Die monatlichen Zahlungen zum Lebensunterhalt im Bürgergeld waren zuletzt stark gestiegen, um 53 Euro im Jahr 2023 und 61 Euro 2024, weil die Inflation bei der Berechnung überschätzt wurde. Für 2025 gab es keine Erhöhung.

Nach Berechnungen aus dem Arbeitsministerium im September 2024 hätte das Bürgergeld von 563 Euro im Monat eigentlich um 24 Euro verringert werden müssen. Eine Schutzklausel verhindert eine Kürzung. „Wir werden den Anpassungsmechanismus der Regelsätze in Bezug auf die Inflation auf den Rechtsstand vor der Corona-Pandemie zurückführen“, heißt es in dem Papier. Ob auch eine Kürzung möglich sein soll, wird nicht erwähnt.

Union und SPD wollen stärker gegen Schwarzarbeit vorgehen. Die hatte mit Einführung des Bürgergeldes zugenommen. „Großangelegter Sozialleistungsmissbrauch, im Inland sowie durch im Ausland lebende Menschen, muss beendet werden“, heißt es. Und weiter: „Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit wollen wir weiter stärken und so härter gegen diejenigen vorgehen, die illegale Beschäftigung betreiben oder die ‚schwarz‘ arbeiten.“ Auch Friseure sollen in den Katalog der Branchen im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufgenommen werden.

Union will Tauschbörsen für Bezahlkarten unter Strafe stellen

Strittig ist die Finanzierung der Jobcenter: Die SPD pocht auf eine Milliarde Euro zusätzlich, die den Jobcentern für die Eingliederung von Grundsicherungsempfängern zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Union will keine konkrete Zahl in den Koalitionsvertrag aufnehmen. Zudem will die SPD Weiterbildungen und Qualifikationen nicht auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes anrechnen.

CDU und CSU drängen auch auf Änderungen in der Grundsicherung, um die Einwanderung in die Sozialsysteme zu reduzieren. Der Umtausch mittels Bezahlkarten gekaufter Gutscheine in Bargeld soll unter Strafe gestellt werden. Mit Tauschbörsen hatten Flüchtlingsinitiativen, aber auch Kommunalpolitiker von Grünen und Linken Asylbewerbern eine Umgehung der Bezahlkarte ermöglicht.

Die Ampel-Koalition hatte die Bezahlkarte eingeführt, um Asylbewerbern Sach- statt Geldleistungen zukommen zu lassen. Diesen Weg will die Union fortsetzen und fordert außerdem: „Wir werden die Leistungen auf das Minimum absenken, insbesondere für Geduldete, Menschen, für die ein anderer Staat zuständig ist, oder dort Schutz oder ein Aufenthaltsrecht erhalten haben und sonstige Ausreisepflichtige.“

Sozialleistungen sollen auf den Prüfstand

Die Fachpolitiker von Union und SPD wollen zudem alle Sozialleistungen auf den Prüfstand stellen – in einem „Sozialstaatswirksamkeitsbericht“. Alle beitrags- und steuerfinanzierten Sozialleistungen sollen „auf ihre Wirksamkeit, finanzielle Nachhaltigkeit, volkswirtschaftliche Wirkung und gesellschaftliche Resilienz“ untersucht werden. Eine Kommission zur Sozialstaatsreform mit Ländern und Kommunen soll im letzten Vierteljahr 2025 Vorschläge etwa für Vereinfachungen und zur Zusammenlegung von Sozialleistungen machen.

Neben der Reform des Bürgergeldes gibt es auch bei anderen Punkten der AG Arbeit und Soziales noch Gesprächsbedarf, etwa ob es bei einem „Familienbudget für Alltagshelfer“ um Steuervorteile oder Zuschüsse gehen soll.

Die SPD möchte, dass die im Sondierungspapier getroffene Aussage, dass ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar sei, durch den Zusatz ergänzt wird „und soll umgesetzt werden“. Die im Sondierungspapier vereinbarte „Sicherung des Rentenniveaus“ will die SPD mit „dauerhaft bei 48 Prozent“ präzisieren.

Auch die Finanzierung der höheren Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder bleibt offen. Die SPD fordert eine Finanzierung aus Steuermitteln. Die Rentenversicherung schätzt die zusätzlichen Kosten auf jährlich etwa fünf Milliarden Euro.

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