In der Union herrscht Unsicherheit. Wird Friedrich Merz seine neuen Versprechen halten, wo er doch alte gebrochen hat? Markus Lanz nimmt dazu Philipp Amthor in die Zange.
Philipp Amthor hat ein Problem. Der 32-jährige Politprofi ist Gast bei Markus Lanz im ZDF, der ihn hart rannimmt, vor allem am Anfang der Sendung. Und dem CDU-Politiker fällt es sichtlich schwer, den Vorwurf der gebrochenen Versprechen zu widerlegen, den viele an die Union richten. Im mecklenburg-vorpommerschen Kühlungsborn ist fast der gesamte Vorstand des CDU-Stadtverbandes aus der Partei ausgetreten - aus Protest wegen der Entscheidung der CDU, die Schuldenbremse aufzuweichen. Doch wirklich geknickt wirkt Amthor nicht. Gemeinsam mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer von der SPD soll er bei Lanz erklären, wie es denn nun laufen soll mit Schwarz-Rot.
Die CDU habe mit der Öffnung der Schuldenbremse eine enorme Hypothek auf die Glaubwürdigkeit auf sich geladen, sagt Amthor. "Deswegen ist unser Punkt in den Koalitionsverhandlungen, unser Programm nicht leichtfertig abzuschenken." Dazu gehöre das Cannabis-Gesetz. "Das wollen wir abschaffen, ob wir das werden, liegt an der SPD. Da müssen Sie Herrn Schweitzer fragen." Klar sei: "Was wir vor der Wahl versprochen haben, ist auch nach der Wahl unsere Position." Lanz lacht ungläubig. Nur werde man nicht alles davon vertreten können, fügt Amthor hinzu. Das wirkt auf Lanz nicht glaubwürdig. Die Union habe bisher in den Koalitionsgesprächen noch nichts durchgesetzt, wirft er Amthor vor.
Schweitzer will keine Grenzen dichtmachen
Allerdings ist die SPD der Union bei dem Thema Migration entgegengekommen. So hatte die CDU vor der Wahl die Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen versprochen. Allerdings: "Das findet jetzt schon statt", stellt Schweitzer klar. Grenzkontrollen hatte Noch-Innenministerin Faeser bereits vor geraumer Zeit eingeführt. "Am Ende ist eine gute Koalition und ein guter Koalitionsvertrag dann gefunden, wenn man gar nicht mehr erkennt, wer sich mit welcher Position durchgesetzt hat", so Schweitzer. Das gelte für die Zurückweisungen an den Grenzen genauso wie für das Cannabis-Gesetz, über das Schweitzer sagt: "Ich bin nicht dafür, dass wir es schon wieder abschaffen. Ich bin aber dafür, dass wir sagen: Wenn es was zu korrigieren gibt, dann tun wird das."
Die Union habe viele Forderungen durchgesetzt, vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Migration, verkündet Amthor. Doch er kennt natürlich auch die aktuellen Wahlumfragen, nach denen die Union nur noch einen Prozentpunkt vor der AfD liegt. "Das hat schon mit der Performance zu tun. Wenn wir die ganze Zeit nur versuchen, gegenseitig Punkte zu machen und vor allem nicht in das kommen, was die Leute eigentlich erwarten, nämlich ins Umsetzen", sagt Amthor. Seit der Bundestagswahl hätten sowohl die Union als auch die SPD verloren. Damit könne man nicht zufrieden sein. "Fakt ist aber: Die Menschen werden auch nicht davon überzeugt werden, wenn man jetzt alleine nur redet. Um Vertrauen zurückzugewinnen von den politischen Rändern, müssen wir dazu kommen, dass wir die Gesetze auch ändern, dass sich in der Politik etwas ändert, und dafür müssen wir jetzt eine stabile Regierung bilden."
Dazu würde auch die weitere Schließung der Grenzen gehören, womit Schweitzer nicht einverstanden ist. "Das würde ein Armutsprogramm für unser Bundesland", sagt er. "Bei Grenzkontrollen bin ich sehr dafür, Grenzschließungen sind was ganz anderes." Viele Unternehmen arbeiteten in Rheinland-Pfalz grenzübergreifend, diese Unternehmer würden eine Grenzschließung hart zu spüren bekommen. "Das war schon im Wahlkampf keine gute Idee, und jetzt ist es noch weniger eine gute Idee."
"Grenzschließung meint ja nicht, so wie Sie das jetzt darstellen, dass jetzt stundenlang alle Grenzen zu sind und es keine Einreise mehr gibt. Sondern wir haben gesagt, wir wollen dauerhaft Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen zu allen unseren Nachbarländern und Zurückweisungen", antwortet Amthor. Die Union wolle zu einer Rechtslage zurückkehren, wie sie vor 2015 gegolten habe. Da wurden Menschen an den Grenzen auch dann zurückgewiesen, wenn sie Asyl beantragen wollten. "Und mein Verständnis ist, dass genau das im Koalitionspapier gesagt ist." Auch jetzt würden Migranten an den Grenzen zurückgewiesen, so Amthor. "Aber das ist zu wenig."
Steuererhöhung - ja oder nein?
Streit bei den Koalitionsverhandlungen könnte es auch bei den Steuern geben. Die Union will sie nicht erhöhen, die SPD schon, aber nur für Reiche. Immerhin müssen ja die beiden Finanzpakete in Höhe von einer Billion Euro irgendwie finanziert werden.
"Wir brauchen Entlastungen", ist sich Schweitzer sicher. "Ich glaube aber, wir müssen aufpassen, dass nicht der Eindruck entsteht, wir würden im Bundeshaushalt im Geld schwimmen, weil wir diese zwei Investitionspakete auf den Weg gebracht haben." Der Bundeshaushalt sei unterfinanziert. Deswegen müsse man erklären, wie man die Steuersenkungen finanzieren wolle. Zum Beispiel mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes für sehr reiche Menschen. Und vielleicht brauche man den Soli doch nicht abzuschaffen.
"Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, dass es verfassungskonform ist, den Soli in der Form zu erheben, aber nicht, dass es politisch zweckmäßig ist", so Amthor. Die CDU will den Soli streichen. Jetzt sei auch nicht die Zeit für Steuererhöhungen, fügt er hinzu. Deutschland sei schon jetzt ein Höchststeuerland, dessen Wettbewerbsfähigkeit enorm unter Druck sei. "Deswegen kann die Antwort nicht zuallererst sein, dass jetzt die Bürger, die Unternehmer, die Leistungsträger in unserem Land noch mehr Steuern zahlen müssen." Die Politik müsse zunächst fragen, wo sie bei sich selbst sparen könne, sagt Amthor. Geht es nach ihm, müsste die Bundesverwaltung bis zum Ende der Wahlperiode auf 15 Prozent ihrer Mitarbeiter verzichten und die den Ministerien nachgeordneten Behörden reduziert werden. Einsparungspotential laut Amthor: "Um die zwei Milliarden Euro." Das ist bei einer Billion neuer Schulden nicht gerade ein Vermögen. Das weiß Amthor auch. "Das alleine wird es nicht refinanzieren", sagt er. Aber immerhin: Der Wille ist da. Und das ist schon was.
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