Ein weißes Blatt Papier hängt an der Scheibe der Eingangstür. „Montag, 7. April 2025“ steht darauf in großen gedruckten Lettern und etwas kleiner: „Heute findet nur Distanzunterricht statt!“ Die Leitung der Gesamtschule Duisburg-Mitte hat den wohl kürzesten und sachlichsten Hinweis auf einen Ausnahmezustand verfasst.

Denn an diesem Montag bleiben fast 20 weiterführende Schulen in Duisburg geschlossen, vor allem Gesamt- und Sekundarschulen. Auf den Homepages und Facebook-Accounts einiger Einrichtungen klingt es dann weitaus beunruhigender: Von einer „Bedrohungslage“ ist die Rede.

Bis Montagmorgen hat es sich längst schon bei den betroffenen 18.000 Schülerinnen und Schülern herumgesprochen, über WhatsApp, Mails, Anrufe, persönliche Gespräche. Eine anonyme Mail war am vergangenen Freitag an der Gesamtschule Duisburg-Mitte eingegangen. Nach Angaben der „Bild“-Zeitung, die zuerst darüber berichtet hatte, soll eine „Säuberung“ angekündigt worden sein.

Die Polizei Duisburg spricht von einem „Schreiben, in welchem durch einen bisher unbekannten Absender bedrohliche und rechtsradikale Äußerungen verfasst wurden, mit denen Straftaten für Montag (7. April) in der Bildungseinrichtung angekündigt wurden“. Der Staatsschutz wurde eingeschaltet.

Am Sonntag erreichte die Gesamtschule wieder eine Mail „mit bedrohlichen Inhalten“, die auch weitere Schulen im Stadtgebiet beträfen, so die Polizei. Der Staatsschutz kam bei einer Gesamtbetrachtung zu der Einschätzung, „dass nicht von einer Ernsthaftigkeit der angekündigten Taten auszugehen ist“.

Die Polizei setzte sich mit der für Schulen zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf, einer Mittelbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen, in Verbindung, und diese entschied, den Präsenzunterricht an den betroffenen Schulen für Montag auszusetzen – „aus Gründen äußerster Vorsicht und zum umfassenden Schutz von Schülerinnen, Schülern, Lehrkräften und allen am Schulleben Beteiligten“, wie eine Sprecherin der Bezirksregierung auf WELT-Anfrage mitteilte. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) befürwortete die Entscheidung: „Sicherheit geht vor“, betonte er in einem Statement.

SPD beantragt Sonder-Auschusssitzung

Auch einige Gymnasien, die nicht explizit bedroht wurden, gingen zum Distanzunterricht über. Ein Gymnasium teilte am Sonntagabend mit, es gebe keine Schließungsanordnung für Gymnasien. Aber dort, wo sich Gesamtschulen und Gymnasien ein Schulgelände teilten – etwa im Duisburger Norden oder in Rheinhausen – könnten sich Eltern für ihre Kinder gegen einen Schulbesuch entscheiden.

Ein anderes Gymnasium wies im Internet darauf hin: Es bestehe nach Auskunft der Polizei, „keine Bedrohungslage für die Gymnasien“, und das eigene Gebäude liege nicht in der Nähe einer Gesamtschule. „Sie, liebe Eltern, entscheiden selbst, ob Sie Ihr Kind morgen zu Hause lassen“, so die Schulleitung.

Noch ist unklar, wer die Drohmails verfasst hat. Ende März waren an zwei Gymnasien in Duisburg Amokdrohungen auf den Mädchen-Toiletten entdeckt worden. In einem Fall konnten drei Schülerinnen als Urheberinnen ermittelt werden.

Die Landespolitik ist nach den aktuellen Ereignissen aufgeschreckt, zumal überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund die Gesamtschulen in Duisburg besuchen. Teilweise liegt der Anteil bei bis zu 90 Prozent. Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag spricht von einer „rechtsextremistischen Bedrohungslage“ und hat eine Sondersitzung des Schulausschusses und eine Aktuelle Stunde im Innenausschuss beantragt.

Politikredakteur Kristian Frigelj berichtet für WELT über landespolitische Themen, vor allem in Nordrhein-Westfalen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke