Die USA verhängen Importzölle auf breiter Front, bestrafen Alliierte für Handelsdefizite, erheben vorsorglich Gebühren gegen Inseln von Pinguinen und Robben, sogar für die Ukraine - trotz positiver Bilanz. Doch Russland und Belarus kommen ohne zusätzliche Zölle davon. Weshalb?

Donald Trump zeigt sich stolz darauf, es mit der ganzen Welt aufzunehmen. "Kein anderer Präsident wird tun, was ich tue", sagt er über die auf breiter Front verhängten Importzölle. "Es gibt einen Grund für unsere 36 Billionen US-Dollar Schulden." Viele Länder meldeten sich im Weißen Haus, um zu verhandeln. Darunter sind die größten Handelspartner und Verbündeten wie Kanada, Mexiko, Deutschland sowie die gesamte EU. Insbesondere China will Trump mit womöglich über 100 Prozent Einfuhrzoll auf sämtliche Produkte in seine Schranken weisen.

So weit, so radikal. Aber was ist mit den Schurkenstaaten, Systemfeinden und internationalen Antagonisten, an denen sich die Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten mehr oder weniger diplomatisch abarbeiten? Konkret, warum bekamen Belarus, Kuba, Nordkorea und Russland keine zusätzlichen "Vergeltungszölle" vor den Latz geknallt?

Sogar von dem verhängten zehnprozentigen Grundimportzoll auf sämtliche Einfuhren sind sie ausgenommen. Das Weiße Haus erklärte jedoch in der vergangenen Woche gegenüber dem US-Medium "The Hill", dass die vier Staaten "bereits mit extrem hohen Zöllen konfrontiert sind und unsere zuvor verhängten Sanktionen jeden sinnvollen Handel mit diesen Ländern verhindern." Das stimmt zumindest teilweise: Wegen des Krieges hatte schon Präsident Joe Biden eine Einfuhrgebühr von 35 Prozent auf russische und belarussische Einfuhren erhoben.

Kein Kanonenboot vor dem Kreml

Die Details suggerieren eine etwas andere Geschichte. Kurz vor Moskaus Einmarsch in der Ukraine, also im Jahr 2021, handelten die USA noch im Wert von 36 Milliarden Dollar mit Russland. Trump und sein Finanzminister Scott Bessent behaupteten zuletzt, die US-Wirtschaft mache gar keine Geschäfte mehr mit Russland. Das stimmt nicht: Der Handel belief sich im vergangenen Jahr auf 3,5 Milliarden US-Dollar, das ist immer noch mehr als die 2,9 Milliarden ausgetauschter Waren mit der Ukraine. Und: Mit Kiew hat Washington gegenüber einen Handelsbilanzüberschuss. Den zehnprozentigen Basiszoll verhängte Trump trotzdem.

Dabei ist das riesige Handelsdefizit der USA mit dem Rest der Welt Auslöser der neuen Kanonenboot-Zollpolitik. Die Vergeltungszölle berechnete das Weiße Haus anhand des Handelsdefizits. Heißt: Wer mehr in die Vereinigten Staaten verkauft als von dort erwirbt, wird bestraft. Mit Russland besteht ein Minus von 2,5 Milliarden US-Dollar. Legt man die für die meisten anderen Staaten getätigte Berechnung an, würde dies einen Zoll von 42 Prozent gegen Moskau ergeben - und, wenn wie gegen alle anderen Länder zusätzlich verhängt, insgesamt 77 Prozent. Also mehr als das Doppelte der derzeitigen Gebühren.

Trumps Regierung hat auch die wichtigen Partner und Nachbarn Kanada und Mexiko von zusätzlichen Gebühren ausgenommen. Für sie galten bereits 25 Prozent. Doch wenn Belarus, Nordkorea und Russland das gleiche Privileg wie diese beiden Länder genießen, hat das große Symbolkraft. Schließlich sind die USA zumindest vordergründig weiterhin mit der Ukraine verbündet. Dazu kommen Skurrilitäten. So wie die 10 Prozent auf Einfuhren aus den Heard- und McDonald-Inseln im Indischen Ozean, auf denen nur Pinguine und Robben leben. Es soll verhindert werden, dass über solche Drittländer die Zölle umgangen werden.

Vordergründig gesprächsbereit

Die US-Regierung hat weitere Sanktionen gegen Russland vorbereitet, sollte Staatschef Wladimir Putin nicht an den Verhandlungstisch über einen Frieden in der Ukraine kommen, berichteten US-Medien. Trump hatte sich Ende März erstmals seit seinem Amtsantritt negativ über den russischen Staatschef Wladimir Putin geäußert. Bislang hat das Weiße Haus auf Trumps Worte jedoch keine Taten folgen lassen. Nach Frieden sieht es derzeit nicht aus - sondern eher, dass der Kreml einen Schutzschirm plakativer Gesprächsbereitschaft aufgespannt hat, um den Angriffskrieg weiterzuführen und so Fakten auf dem Schlachtfeld zu schaffen.

Am Sonntag schließlich sprach Kevin Hassett, Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats des Weißen Hauses, über den naheliegendsten Grund, weshalb Russland und dessen Verbündeter Belarus verschont wurden. "Es laufen offensichtlich Verhandlungen mit Russland und der Ukraine, und ich denke, der Präsident hat entschieden, die beiden Themen nicht zu vermischen", sagte er. Der Senat sieht das anders. In der vergangenen Woche brachten Senatoren beider Parteien gemeinsam ein Gesetz ein, das einen Strafzoll von 500 Prozent auf Drittländer vorsieht, die russische Rohstoffe und Produkte kaufen. Ob es je zur Abstimmung oder Verabschiedung kommen wird, ist unklar.

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