Der US-Präsident verabscheut die Europäer. Drei EU-Vertreter versuchen auf einer Reise nach Washington dennoch, Trumps Regierung von der Zusammenarbeit mit Brüssel zu überzeugen. Sie stellen fest: Trump missbraucht seine Drohkulisse im Handelsstreit für viele politische Zwecke.

Es war eine kühne Mission. Drei Abgeordnete des Europäischen Parlaments begaben sich auf die Reise nach Washington, um die transatlantischen Beziehungen zu retten: Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses, David McAllister, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und Brando Benifei, Vorsitzender der parlamentarischen Delegation in den USA. Dort sprachen sie mit hochrangigen Republikanern, um auszuloten, wie sie US-Präsident Donald Trump doch noch von einer Zusammenarbeit mit den Europäern überzeugen - insbesondere in der Wirtschaftspolitik. Ein schwieriges Unterfangen, hatte Trump doch wiederholt seine Abscheu gegenüber Brüssel zum Ausdruck gebracht.

Dass Trump während des Besuchs der Drei die Zölle gegen die EU teilweise für 90 Tage zurücknahm, gab Grund zur Hoffnung. Vielleicht ist er ja doch zu Verhandlungen bereit?

Das versuchte die EU-Delegation in Washington in Erfahrung zu bringen. Also fragten die drei EU-Vertreter ihre amerikanischen Gesprächspartner - darunter Senatoren sowie Beamte, die dem US-Handelsminister Howard Lutnick nahestehen: Was will Trump von den Europäern? "Sie alle haben gesagt: Sie müssen Trump selbst fragen, was er will", so SPD-Politiker Lange gegenüber ntv.de. Niemand sei in die Zollentscheidungen des US-Präsidenten eingeweiht gewesen.

Trump lässt sich wohl nur von Navarro beraten

Sogar Trumps Handelsbeauftragter Jamieson Greer wirkte vor Kameras überrascht, als er während einer Anhörung im Repräsentantenhaus zur Handelspolitik der Regierung von der 90-tägigen Aussetzung der Zölle erfuhr. Für Lange ein klares Indiz: "Die Fragen der Handelspolitik im Weißen Haus werden wohl allein von Trump und seinem Direktor für Handel und Industriepolitik, Peter Navarro, entschieden. Vielleicht gehören noch ein, zwei andere zu diesem Kreis der Entscheider dazu." Der Rest von Trumps Gefolgschaft wird demnach über die Gründe für die Maßnahmen im Dunkeln gelassen. Daran stößt sich offenbar Unternehmer Elon Musk, Trumps Berater für Regierungseffizienz. Navarro sei "wirklich ein Idiot" und "dümmer als ein Sack Ziegel", schrieb Musk auf seiner Plattform X.

Auch Langes Delegations-Kollege McAllister sagt ntv.de, es sei "schwierig, die Frage zu beantworten, was Trump genau will, weil die allerwenigsten in die Nähe seines inneren Kreises kommen und sein Denken kennen." Er habe den Eindruck gewonnen, auch viele Republikaner schauten - wie die Politiker in Berlin oder Brüssel - auf Trumps Plattform Truth Social, was der US-Präsident dort mitteile. "Das Verhalten Trumps führt zu enormer Planungsunsicherheit, nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft", so McAllister.

Trumps Zollpolitik bringt US-Unternehmer in Schwierigkeiten. Die wiederum setzen mit panischen Anrufen die republikanischen Verantwortungsträger unter Druck. "Glücklich ist in Washington niemand über Trumps Zollpolitik", sagt Lange.

"Auch die Republikaner hassen die Europäische Union"

Neben dem zwischenzeitlichen Beben an den US-Börsen befeuert der Ausverkauf amerikanischer Staatsanleihen das wirtschaftliche Chaos. Auch unter den Republikanern wachse die Angst vor einer Rezession, sagt Lange. Er und McAllister hoffen auf Verhandlungen zwischen Washington und Brüssel während des Waffenstillstands im Handelskrieg. So ganz ohne die Europäer wird es nicht gehen - diese Einsicht setze sich allmählich auch in Trumps Umfeld durch. McAllister sieht die Zollpause als erstes Zeichen für eine mögliche Verhandlungslösung. "Aber man weiß natürlich bei diesem sprunghaften US-Präsidenten nie, ob etwas dauerhaft gilt, das vereinbart wurde", räumt der CDU-Politiker ein.

Ob sich die USA tatsächlich langfristig von ihrer rigorosen Handelspolitik verabschieden, ist fraglich. Schließlich behält Trump trotz der Zollpause gegenüber der EU den Basiszoll von zehn Prozent sowie die Einfuhrbeschränkungen bei Aluminium, Stahl und Autos bei. Und generell hat sich das negative Bild, das der US-Präsident von Europa hat, nicht ins Positive gewandelt. "Trump hasst die EU und ihre Institutionen. Das ist eindeutig. Während meines Besuchs in Washington ist klar geworden: Auch die Republikaner hassen die Europäische Union", sagt Lange. Keine idealen Voraussetzungen also für eine gütliche Einigung.

Trump würde viel lieber mit den einzelnen europäischen Staaten verhandeln. Die EU dürfe sich auf keinen Fall von der US-Regierung in Handelsfragen auseinanderdividieren lassen, sagt McAllister. "Jeder einzelne europäische Staat ist im Vergleich zu den Vereinigten Staaten von Amerika klein. Eine Spaltung wäre Trumps Ziel, um Europa in eine schwächere Verhandlungsposition zu bringen. Wenn aber die 27 Mitgliedstaaten der EU zusammen stehen, dann sind wir 450 Millionen im Vergleich zu 330 Millionen Amerikanern", so McAllister. Trumps Abneigung gegen die Europäische Union füttere rechtsgerichtete Kreise, die durch britische Brexit-Befürworter beeinflusst wurden. Diese Denkfabriken würden ebenfalls das abwegige Narrativ verbreiten, die Europäische Union sei gegründet worden, um die USA über den Tisch zu ziehen, sagt McAllister.

"Trump beeindruckt nur, wenn man Stärke zeigt"

Obwohl die Delegation Trumps Prioritäten während der Reise nicht in Erfahrung bringen konnte, steht für Lange eines fest: Der US-Präsident nutzt die Zölle als "politische Waffe" gegen Brüssel. Trump habe es auf vieles abgesehen: wirtschaftliche Vorteile für die USA, weniger EU-Gesetze für amerikanische Tech-Unternehmen, die Rücknahme von Regeln zum Verbraucherschutz und mehr europäisches Geld in der Nato-Kasse. Doch die EU werde sich insbesondere bei digitalen Gesetzen und beim Verbraucherschutz nicht von Trump erpressen lassen, sagt Lange. Über andere Dinge könne man reden - etwa über den verstärkten Kauf von US-Energie, ein Entgegenkommen bei Autozöllen oder die Anerkennung von Produktstandards oder Zertifizierungsprozessen. Doch jedes Angebot, das von den Europäern kam, wischte Trump bislang beiseite.

Trump verfolgt mit seiner Handelspolitik das Ziel, Investitionen und Unternehmen in die Vereinigten Staaten zu locken. Lange zweifelt am Erfolg dieser Strategie - angesichts des wirtschaftlichen Chaos in den USA. Generell hat er den Eindruck, Trump handle eher emotional als rational. In Gesprächen mit dem republikanischen Thinktank Heritage Foundation erfuhr Lange, auch für dessen Mitglieder würden die Zölle keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben. Trumps Handelspolitik habe rein politische Beweggründe. Trump wolle sich als Retter der amerikanischen Auto- und Stahlproduktion darstellen.

So gefühlsgesteuert Trump auch agiere, die EU dürfe niemals den Fehler begehen, sich von ihm einschüchtern zu lassen, da Trump dies als Schwäche ansehe, sagt Lange: "Deshalb hat er Staaten, die ihn besänftigen wollten, als Arschlecker beschimpft. Die EU wird nicht klein beigeben." Genauso sieht es McAllister: "Trump beeindruckt nur, wer Stärke zeigt und auch selbstbewusst auftritt." Bestimmte Zölle gegen Mexiko und Kanada habe Trump wegen der entschlossenen Gegenreaktion in beiden Ländern teilweise zurückgenommen.

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