Die US-Regierung schiebt einen offenkundig unbescholtenen Mann aus Maryland nach El Salvador ab und holt ihn nicht zurück, obwohl Gerichte die Abschiebung als illegal bezeichnen. Was derzeit in den USA passiert, macht fassungslos.
Kilmar Armando Ábrego García wurde vor einem Monat von den USA nach El Salvador deportiert. Deportation ist das richtige Wort, denn sein Weg endete vorerst in einem Hochsicherheitsgefängnis in Zentralamerika. Es war keine Abschiebung, erst recht keine "Rückführung". Es war eine illegale Deportation, wie mehrere Gerichte in den USA festgestellt haben, darunter der Supreme Court - einstimmig, auch mit den Stimmen der drei von Donald Trump eingesetzten Richter.
Ábrego García hat nicht die Staatsbürgerschaft der USA, aber er verfügte über eine gültige Aufenthaltsberechtigung. Selbst die US-Regierung gab zu, dass die Deportation ein Fehler war. Zumindest stellte sie es so dar. Wahrscheinlicher ist, dass der angebliche Fehler mit voller Absicht geschah. Denn sie tut absolut nichts, um den Fehler - wie von einem Gericht angeordnet - zu korrigieren.
Vance lügt mal wieder
Ganz im Gegenteil: "Der illegale ausländische Terrorist befindet sich in der Obhut und unter der Kontrolle eines souveränen fremden Staates", schrieb Trumps Berater Stephen Miller auf X. In der Darstellung der US-Regierung ist Ábrego García ein Mitglied in der berüchtigten Gang MS-13, was ihn zu einem Terroristen machen würde. Es sei gerichtlich festgestellt, dass Ábrego García "ein verurteiltes Mitglied der MS-13-Gang war und kein Aufenthaltsrecht hatte", twitterte auch US-Vizepräsident JD Vance. Das ist falsch, wieder einmal. Schon bei seinen Behauptungen über Migranten aus Haiti, die in Ohio die Haustüre unbescholtener Amerikaner essen würden, hatte Vance offenkundig bewusst Unwahrheiten verbreitet, vulgo: gelogen.
Richtig ist: Ábrego García wurde nie vor einem US-Gericht angeklagt, geschweige denn verurteilt. Es gab vage Behauptungen, er sei ein MS-13-Mitglied. Aber keinerlei Beweise.
Ábrego García lebte vor seiner Deportation im US-Bundesstaat Maryland, der 29-Jährige ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet, sein fünfjähriger Sohn leidet unter einer Form von Autismus und hat ebenfalls die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten. In den Medien wird Ábrego García als "Maryland man" bezeichnet, als Mann aus Maryland. Genau das ist er, nichts anderes.
Kein Einzelfall
Für Trump und seine Spießgesellen spielt all das keine Rolle. Am Montag saß der salvadorianische Präsident Nayib Bukele mit Trump im Oval Office und verkündete, er werde den "Terroristen" keinesfalls in die USA "schmuggeln" und auch nicht entlassen. Trump saß dabei, nickte und grinste zufrieden. Vier Tage nach Ábrego Garcías Festnahme hatte Bukele ein Urteil, dass der Deportationsflug umkehren müsse, auf X mit "Oopsie" kommentiert.
Ohne Urteil und ohne juristische Grundlage sitzt Ábrego García also seit einem Monat in einem Mega-Gefängnis, in dem laut Amnesty International und anderen NGOs unmenschliche Bedingungen herrschen. Die für den Fall zuständige US-Bundesrichterin, Paula Xinis, sagte, das Gefängnis sei eines der unmenschlichsten und gefährlichsten der Welt: "Es ist eine Tatsache, dass jeder Tag Ábrego García irreparablen Schaden zufügt." Es gebe keine Belege dafür, dass die US-Regierung den Anweisungen des Gerichts folge, den Mann nach Hause zurückzuholen, stellte Xinis fest.
Bereits als Einzelfall ist die Deportation von Ábrego García ein schier unfassbarer Skandal. Aber es ist kein Einzelfall. 238 Venezolaner und Salvadorianer sind in drei Flügen nach El Salvador gebracht worden. Die "New York Times" hat die Anschuldigungen gegen sie alle überprüft, es zumindest versucht. Das Ergebnis ist unsicher, da die US-Regierung keine Informationen zur Verfügung stellte. Aber es gibt einen Eindruck: Gegen 32 Männer gibt es ernsthafte Anklagen oder Urteile in den USA oder einem anderen Land. Zwei Dutzend Männer seien wegen weniger gravierender Anschuldigungen schuldig gesprochen worden, etwa wegen zu schnellem Fahren vor einer Schule. Für die anderen konnte die "Times" keinen kriminellen Hintergrund ermitteln.
"Nazis wurden besser behandelt"
Grundlage für die Abschiebung von Ausländern nach El Salvador ist in den meisten Fällen ein Gesetz aus dem 18. Jahrhundert, das im Zweiten Weltkrieg auf Deutsche, Italiener und Japaner angewandt wurde, der Alien Enemies Act. Nazis seien unter diesem Gesetz besser behandelt worden, sagte eine Richterin.
Der Fall von Kilmar Armando Ábrego García zeigt exemplarisch, wie egal Trump und seiner Regierung der Rechtsstaat ist. Urteile? Spielen keine Rolle. "Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren", meint Vance. "Wer sein Land rettet, bricht kein Gesetz", verkündete Trump.
"Ein verstörendes Schlupfloch"
Ein Berufungsgericht urteilte, der Fall von Ábrego García zeige "das Potenzial für ein verstörendes Schlupfloch". Dass nämlich die US-Regierung Personen unrechtmäßig in ausländische Gefängnisse bringen und dann behaupten könnte, dass jetzt nichts mehr daran geändert werden kann. Auch ohne Vorstellungskraft könne man verstehen, "dass dies ein Weg der völligen Gesetzlosigkeit ist, den die Gerichte nicht dulden können", so der Richter.
Das ist der Weg, auf den Trump die USA bringt: in die völlige Gesetzlosigkeit. Er ignoriert oder interpretiert Urteile wie er will, er umgeht den Kongress, er versucht, die Hochschulen auf Linie zu bringen. Nach innen war eines seiner ersten Signale die Begnadigung von rechtsradikalen Aufständischen des 6. Januar 2021. Nach außen zeigt er Verständnis für Putins Terrorkampagne gegen die Ukraine. Den Gazastreifen will er entvölkern, Grönland, Kanada und Panama annektieren. Die Liste ist unvollständig.
Beim Treffen mit Bukele sagte Trump, "Pam" studiere gerade die Gesetze. Gemeint war Justizministerin Pam Bondi. Sie soll einen Weg finden, auch verurteilte US-Bürger nach El Salvador deportieren zu lassen. Experten sagen, dass es einen solchen Weg nicht gibt, dass es illegal wäre, sie ins Ausland zu bringen. Es wäre dennoch keine Überraschung mehr.
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