SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sieht beim Thema Zurückweisungen „noch einiges an Arbeit“ vor der nächsten Koalition. Die Sondierungsergebnisse seien „eine gute Grundlage, um zu rechtsstaatlichen Lösungen in enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern zu kommen. Das haben auch bereits die Vereinbarungen mit der Schweiz gezeigt“, sagte Wiese WELT. „Nichtsdestotrotz liegt noch einiges an Arbeit im Detail in den Koalitionsverhandlungen vor uns.“
Lesen Sie hier das schwarz-rote Sondierungspapier im Wortlaut
Union und SPD haben sich bei den Sondierungen auf Zurückweisungen an der Grenze geeinigt, auch von Asylbewerbern. Allerdings gibt es einen Dissens darüber, wie die Passage im Sondierungspapier zu verstehen ist. Geht es darum, Zurückweisungen nur dann durchzusetzen, wenn die Nachbarstaaten zustimmen? Die zeigten sich zuletzt skeptisch. Oder geht es um Zurückweisungen um jeden Preis?
„Da steht nicht ‚zustimmen‘. Da steht ‚in Abstimmung‘. Man spricht miteinander, man macht sich aber nicht abhängig von der Zustimmung der Nachbarn“, sagte Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) am Montagmorgen im Podcast von „Table Briefings“.
SPD-Chefin Saskia Esken erklärte hingegen, dass es gerade in Zeiten wie diesen auf eine europäische Zusammenarbeit etwa im Bereich Verteidigung ankomme. „Da sollten wir nicht auf anderen Feldern versuchen, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Das halte ich für brandgefährlich und werde auch ganz klar dagegenhalten, wenn es weiter debattiert wird. Wir haben etwas anderes vereinbart und dabei bleiben wir auch“, sagte sie mit Blick auf die Äußerungen von Jens Spahn.
„Für den Diskurs Gift“
Der SPD-Vorstand beschloss am Wochenende einstimmig die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Allerdings sind in der Partei nicht alle glücklich mit den Sondierungsergebnissen. So meldete sich die SPD-Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt am Wochenende mit Kritik.
„Das am 8. März 2025 vorgestellte Sondierungspapier von Union und SPD offenbart eine alarmierende Abkehr von menschenrechtlichen Grundsätzen in der Migrationspolitik“, heißt es in einem Positionspapier, das WELT vorliegt. „Die geplanten Maßnahmen, die unter dem Deckmantel der Sicherheit präsentiert werden, bedrohen fundamentale Werte unserer Gesellschaft und sind rechtlich fragwürdig. Daher kann es auf der Basis keinen Koalitionsvertrag mit der Union geben.“
Die Einführung permanenter Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Personen ohne gültige Einreisedokumente, einschließlich Asylsuchender, stünden im Widerspruch zu internationalen Schutzverpflichtungen. „Abweisung an Staatsgrenzen ist der erneute Versuch, verfassungswidrige Pushbacks legalisieren zu wollen. Eine solche Politik gefährdet das Recht auf Asyl und untergräbt die humanitären Prinzipien, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert hat.“
Die Präzisierungen im Sondierungspapier wie „in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern“ und „rechtsstaatlichen Maßnahmen“ zeigten dabei auf, dass der Beschlusspunkt „wahrscheinlich eine symbolische Luftnummer für die Union ist. Trotzdem ist es für den Diskurs Gift und stärkt erneut nur die extreme Rechte.“
Politikredakteurin Ricarda Breyton schreibt seit vielen Jahren über parlamentarische und juristische Themen.
Nikolaus Doll berichtet seit mehreren Jahren für WELT über die Unionsparteien CDU und CSU.
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