Jeden Tag müssen Frauen in Deutschland um ihr Leben durch ihren (Ex-)Partner fürchten. So wie im grauenhaften Fall von Gera. Dass die Tat nicht konsequent als Femizid benannt wird, ist falsch. Es ist höchste Zeit, der systematischen Gewalt gegen Frauen einen Namen zu geben, der fest im Gesetz verankert ist.

Die Frau in Gera wird ein Leben lang von den Brandnarben an Hals und Oberkörper gezeichnet sein, die der versuchte Mord ihres Ehemannes hinterlassen hat. Und trotzdem hat sie Glück, dass sie überlebt hat. Jeden zweiten bis dritten Tag verliert eine Frau in Deutschland ihr Leben durch einen Femizid. Also einen Mord an einer Frau, aufgrund ihres Geschlechts. Meist durch ihren Partner oder Ex-Partner aus Besitzansprüchen, Hass und sexualisierter Gewalt heraus begangen, oft, weil die Frauen sich trennen wollen.

Trotzdem werden diese Taten nicht immer als Femizide benannt. So auch im Fall Gera - viele Medien sprechen von einem "Brandanschlag". Das muss aufhören. Es muss in Deutschland mittlerweile klar sein, dass wir mit den Morden an Frauen ein ernst zu nehmendes Problem haben. Jeden Tag wird hierzulande eine Frau Opfer eines versuchten Femizids. Im Jahr 2023 wurden laut BKA 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten und vollendeten Femiziden. 360 Frauen und Mädchen starben dabei.

Nicht nur in Deutschland gibt es das Phänomen. In Italien wurde deshalb am 8. März, dem Internationalen Frauentag, ein Gesetzesentwurf vorgelegt, laut dem Femizide als eigene Straftat gelten sollen. Die Verabschiedung im Parlament gilt als sicher. Diesem Beispiel sollte Deutschland so schnell wie möglich folgen. Zwar hat die scheidende Bundesregierung noch kurz vor der Wahl das Gewalthilfegesetz beschlossen. Dafür stellt der Bund 2,6 Milliarden Euro für Frauenhäuser und Beratungsstellen bereit und Gewaltbetroffene erhalten einen Rechtsanspruch auf Schutz. Ein wichtiger Erfolg - allerdings mit bitterem Beigeschmack: Denn der Anspruch gilt erst ab 2032. Das ist viel zu spät. Zudem fehlen noch immer 14.000 Plätze in Frauenhäusern. Morddrohungen und Stalking von Männern an Frauen werden oft nicht ernst genommen.

Männer erhalten oft mildere Strafen

Der Fall in Gera hat einige Politiker ein wenig aufgerüttelt und gezeigt, wie grausam diese Verbrechen sind. Das sei kein alltägliches Geschehen, sagte eine Polizeisprecherin nach der Tat. Das stimmt nicht ganz - der Unterschied ist nur, dass es in der Öffentlichkeit am helllichten Tage in einer Straßenbahn und im Beisein von Zeugen passiert ist. Innenministerin Nancy Faeser fordert deshalb nach der Attacke ein stärkeres Schutz- und Hilfesystem für Frauen, eine effektive Strafverfolgung der Täter und die elektronische Fußfessel, damit sich Täter bedrohter Frauen nicht mehr unbemerkt nähern können.

Das ist alles gut und richtig, aber da sind wir noch lange nicht, wenn wir es noch nicht einmal schaffen, die Taten als das zu benennen, was sie sind: Femizide und keine "Brandanschläge" oder "Familiendramen". Ein schärferes Vorgehen gegen die Täter funktioniert nur, wenn dafür auch die rechtlichen Bedingungen geschaffen werden.

In Italien heißt es in dem vorgelegten Gesetzentwurf dazu: "Wer den Tod einer Frau verursacht, wenn die Tat als Akt der Diskriminierung oder des Hasses gegen die geschädigte Person als Frau oder um ihr die Ausübung ihrer Rechte oder ihrer Freiheit zu verwehren, verübt wird, wird mit lebenslanger Haft bestraft."

In Deutschland gibt es bereits lebenslange Haft für Mord. Warum also ein neues Gesetz, dass die gleiche Strafe fordert? Aus zwei Gründen: zum einen wurden in der Vergangenheit oft mildere Strafen gegen Männer verhängt. Ein Beispiel aus Italien, wie es sie auch in Deutschland zuhauf gibt: Ein Unternehmer hatte seine schwangere Geliebte erstochen - dafür verurteilte ihn im Jahr 2022 ein Gericht in Palermo nur zu 19 Jahren Haft, weil er im "Raptus" gehandelt habe, also als Impulstäter.

Nur härtere Strafen werden Frauen nicht schützen

Der zweite Grund ist Prävention: Es muss ein kollektives Bewusstwerden durch Begrifflichkeiten wie Femizid etabliert werden. Es ist eine bitternötige Differenzierung zu anderen Verbrechen, denn nur so kann diesen Taten auch vorgebeugt werden. Nur härtere Strafen werden Frauen vor Femiziden nicht schützen. Der Begriff muss fest im Gesetzbuch verankert werden, um Methoden zu entwickeln, sie zu verhindern.

Wer immer noch nicht glaubt, dass eine Gesetzesänderung zwingend notwendig ist, dem sei Artikel § 213 StGB ins Gedächtnis gerufen. Erst 1981 wurde die sogenannte "Ehrentötung" aus dem deutschen Strafgesetzbuch gestrichen, die eine mildere Bestrafung möglich machte. Auch heute noch kann die Tötung eines Menschen aus Gründen der "Ehre" mit Totschlag bestraft werden. Der Täter kommt dann mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren davon - nicht lebenslänglich.

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