Die Ereignisse im Bundestagswahlkampf wecken schon einmal Zweifel an der Stabilität der Brandmauer zur AfD. Eine Studie untersucht, wie die politische Realität auf kommunaler Ebene aussieht. Die Risse seien deutlich, so ein Befund. Besonders eine Partei kooperiert immer wieder mit der AfD.
Forscher haben erstmals systematisch untersucht, wie häufig in Deutschland auf kommunaler Ebene mit der AfD zusammengearbeitet wird. In einer veröffentlichten Studie des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB) analysierten sie dafür 11.053 Sitzungen von Kreistagen und Stadträten zwischen Mitte 2019 und Mitte 2024. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es dabei in knapp 19 Prozent der Fälle zu einer direkten Kooperation mit der AfD kam.
Direkte Kooperation heißt demnach, dass Abgeordnete etablierter Parteien Anträgen oder Personalien der in weiten Teilen rechtsextremen AfD zustimmten. Von insgesamt 4968 Anträgen, die die AfD im untersuchten Zeitraum stellte, bekamen 934 die Zustimmung anderer Parteien. Über die Befunde hatte zuerst der "Spiegel" berichtet. Eine Kooperation sahen die Studienautoren dann als gegeben an, wenn mindestens zehn Prozent der Nicht-AfD-Vertreter einem AfD-Antrag zustimmten. In einigen Kreisen sei die Datenlage dabei "beschränkt" gewesen, geben die Autoren zu bedenken.
In der Studie resümieren die Autoren Wolfgang Schroeder, Daniel Ziblatt und Florian Bochert: "Bundespolitiker aller etablierten Parteien haben seit Jahren kategorisch jede Kooperation mit der AfD ausgeschlossen und eine sogenannte 'Brandmauer' gegen die Partei errichtet." Die Studie zeige nun, dass diese Brandmauer "in den vergangenen fünf Jahren Risse entwickelt hat, dass sie aber deutlich robuster geblieben ist als weithin angenommen".
Alle Partien involviert
Laut der Analyse hält keine der größeren Parteien die Brandmauer durchgehend aufrecht. Besonders häufig arbeiteten jedoch fraktionslose Abgeordnete von Kleinstparteien wie den Freien Wählern mit der AfD zusammen: In 86,5 Prozent der Kooperations-Fälle gaben sie Anträgen oder Kandidaten der AfD ihre Stimme.
FDP-Abgeordnete waren mit 38,6 Prozent vertreten, wenn es eine Kooperation mit der AfD gab, CDU-Vertreter mit 38,4 Prozent. Es folgen die SPD (32,1 Prozent) und die Grünen (29,5 Prozent). Am wenigsten kooperieren Abgeordnete der Linkspartei (21,1 Prozent).
Laut der Analyse gibt es bei der Zusammenarbeit keine wesentlichen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland - allerdings gibt es Differenzen zwischen Land und Stadt, zumindest in den ostdeutschen Bundesländern. Dort gab es in Landkreisen tendenziell häufiger Zustimmung zu AfD-Anträgen als in kreisfreien Städten: knapp 27 Prozent im Gegensatz zu 16 Prozent.
Grundsätzlich sahen die Forscher eine Gefahr in der Kooperation mit extrem rechten Kräften wie der AfD, da diese "zur Normalisierung und Legitimierung der radikalen Kräfte führen" könne. So werde "eine Machtbeteiligung schnell zur Basis einer von ihr im Rahmen der Demokratie, über Wahlen, realisierten Machtübernahme".
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