Der Streit zwischen Benjamin Netanjahu und Geheimdienstchef Bar schwelt schon länger. Doch mit dem brutalen Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 und dem Versagen der Geheimdienste spitzt sich der Konflikt zu. Der israelische Ministerpräsident will Bar unbedingt loswerden. Dagegen formiert sich Widerstand.
Nachdem das Oberste Gericht in Israel die von der Regierung beschlossene Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs vorerst ausgesetzt hat, haben Firmen im Land eine deutliche Warnung an die israelische Führung ausgesprochen. Ein wichtiges Wirtschaftsforum drohte Medienberichten zufolge damit, die Wirtschaft des Landes lahmzulegen, sollte die Regierung dem Gerichtsbeschluss nicht Folge leisten. Das Forum vertritt Führungskräfte der 200 größten Unternehmen im Land.
Israels Regierung hat die höchst umstrittene Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs Ronen Bar trotz Massenprotesten in der Nacht gebilligt. Das Oberste Gericht erließ daraufhin eine einstweilige Verfügung, bis eine Anhörung in der Angelegenheit stattfindet.
"Wenn die israelische Regierung die Anordnung nicht befolgt und Israel in eine Verfassungskrise stürzt, rufen wir die gesamte israelische Öffentlichkeit dazu auf, die Entscheidungen der Regierung nicht mehr zu respektieren", erklärte das Forum laut Berichten.
Auch Dutzende der größten Unternehmen der Hightech-Branche, die in Israel treibender Motor der Wirtschaft sind, schlossen sich laut Nachrichtenseite "ynet" an. Sie drohten mit einer Schließung ihrer Unternehmen und einer öffentlichen Auseinandersetzung. Eine Missachtung einer gerichtlichen Anordnung stelle eine "rote Linie" dar, hieß es dem Bericht zufolge in einer Erklärung.
Auch der Gewerkschafts-Dachverband Histadrut, der rund 800.000 Mitglieder vertritt, sprach "ynet" zufolge eine Warnung aus. Die Regierung stehe nicht über dem Gesetz. Er werde nicht bei der Zerstörung der israelischen Gesellschaft mithelfen, sagte der Vorsitzende Arnon Bar David demnach. Einige Minister hatten zuvor gesagt, das Gericht habe keine Befugnis, in die von der Regierung beschlossene Entlassung des Schin-Bet-Chefs einzugreifen.
"Völlig unangemessene Erwartung"
Netanjahu hatte seine Entscheidung, Bar zu entlassen, mit einem "fortwährenden Misstrauen" gegenüber dem Geheimdienstler begründet. Dessen Entlassung sei nötig, um den Inlandsgeheimdienst nach dessen Versagen beim Hamas-Überfall vom 7. Oktober 2023 "wiederherzustellen".
Bar warf Netanjahu hingegen vor, aus "persönlichen Gründen" zu handeln; die Entscheidung zur Entlassung habe nichts mit dem 7. Oktober zu tun. Netanjahu habe kein Vertrauen in ihn, weil er sich weigere, dem Regierungschef "persönliche Loyalität" entgegenzubringen, sagte Bar.
"Die Erwartung des Ministerpräsidenten an eine persönliche Loyalität, die dem öffentlichen Interesse widerspricht, ist eine völlig unangemessene Erwartung", betonte der Geheimdienstchef. Bar hatte Anfang März das Versagen seines Geheimdienstes in Bezug auf den 7. Oktober 2023 eingestanden.
Die Beziehung zwischen Netanjahu und Bar war bereits vor dem 7. Oktober angespannt, vor allem wegen des von Netanjahu angestrebten Umbaus der Justiz, gegen den es in Israel monatelange Massenproteste gegeben hatte. Kritiker der Regierungspläne sehen darin eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat in Israel. Der von Netanjahu angestrebte Umbau der Justiz sieht unter anderem vor, dem Obersten Gerichtshof die Möglichkeit zu nehmen, Entscheidungen der Regierung als "unangemessen" einzustufen und diese außer Kraft zu setzen.
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