Union und SPD, die gerade Sondierungsgespräche für eine gemeinsame Regierung im Bund führen, streiten offen in der Migrationspolitik. „Rote Linien“ würden niemandem etwas bringen, und es gelte auch für die SPD, aus dem „Modus der Ampel“ herauszukommen, sagte Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) am Donnerstag den Sendern RTL und ntv.

Er kritisierte damit die Festlegung von SPD-Chef Lars Klingbeil, Zurückweisungen von Asylbewerbern an den Grenzen nicht mitzutragen. Es brauche eine klare Eindämmung der Migration, forderte Wadephul. Eine voraussichtliche Koalition aus Union und SPD bekomme Probleme, wenn sie da nicht liefere. „Deswegen kann ich die Sozialdemokraten nur aufrufen, jetzt neue Wege zu gehen.“

Der CDU-Politiker wünschte sich eine „Koalition der Ergebnisse“. Beim Thema Migration hätten „die zum Teil erschreckenden Wahlergebnisse für AfD aber auch für Linke und BSW den neuen Koalitionären gezeigt, dass hier Handlungsbedarf ist“, sagte Wadephul.

SPD pocht bei Fragen der Migration aufs Grundgesetz

Bei der Migrationspolitik liegen die Sondierungspartner Union und SPD weit auseinander. CDU/CSU fordern eine deutliche Verschärfung, dazu gehört die ausnahmslose Zurückweisung von Migranten ohne gültige Einreisepapiere an den Landesgrenzen – auch von Asylbewerbern. Die SPD hält dies weder mit dem Grundgesetz noch mit EU-Recht vereinbar.

SPD-Chef Klingbeil bekräftigte dies am Mittwochabend: „Ich kann Ihnen sehr klar sagen: Die SPD wird keine faktischen Grenzschließungen mitmachen“, sagte er in der ARD-Sendung „Maischberger“. „Das können wir national nicht umsetzen. Und vor allem ist es europäisch unvernünftig.“

In einer Zeit, wo die Antwort auf US-Präsident Donald Trump ein starkes Europa sein müsse, „kann es nicht sein, dass das größte, stärkste Land in Europa vorangeht und die Grenzen zumacht“. Klingbeil betonte: „Das werden wir als SPD nicht mitmachen.“

„Faktische Grenzschließungen sind mit der SPD unter keinen Umständen zu machen“

Innerhalb der SPD ist Klingbeil eine breite Unterstützung seines Migrationskurses gewiss. „In den letzten Monaten wurden unter anderem mit dem Sicherheitspaket und dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem bereits umfangreiche Reformen der Asyl- und Migrationspolitik beschlossen“, sagte etwa Tim Klüssendorf, Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, dem „Spiegel“. Diese müssten entschlossen umgesetzt werden. „Der Spielraum für weitere Verschärfungen ist vor diesem Hintergrund auf ein Minimum begrenzt“, so Klüssendorf. „Faktische Grenzschließungen sind mit der SPD unter keinen Umständen zu machen.“

Der SPD-Abgeordnete Sebastian Roloff hält die Forderungen der Union in puncto Migration teils für verfassungswidrig. „Vor dem Hintergrund der Forderungen der Union in den letzten Wochen muss man leider betonen, dass man sich in den Gesprächen lediglich auf europarechts- und verfassungskonforme Regelungen einigen kann“, sagte Roloff dem „Spiegel“.

Aufgabe sei es vor allem, Integration zu fördern. Roloff weiter: „Ich erhoffe mir konkrete Maßnahmen, die die Kommunen bei Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten spürbar unterstützen und mehr Mittel für die Integration in den Arbeitsmarkt. Maßnahmen, die ganze Gruppen pauschal schlechter behandeln, um Stimmungen im Land zu bedienen, sind nicht zielführend.“

Junge-Union-Chef stellt der SPD quasi ein Ultimatum

CDU-Chef Friedrich Merz wiederum hatte mit entgegengesetzten Aussagen Wahlkampf gemacht. Schon „am ersten Tag als Kanzler“ werde er das Innenministerium anweisen, „die Grenzen zu allen Nachbarländern dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“, versprach der Politiker damals vollmundig.

Unterstützung bekommt Merz nun aus der Jungen Union. Gegenüber der „Bild“-Zeitung erklärte deren Chef Johannes Winkel: „Lars Klingbeils öffentliche Absage einer Migrationswende ist unverantwortlich gegenüber Deutschland und schlechter Stil gegenüber den Sondierungspartnern.“

De facto formulierte der CDU-Politiker dann noch eine Forderung an die Unionsspitze: „Ohne Migrationswende kann die Union nicht in eine Regierung eintreten.“ Denn, so Johannes Winkel weiter: „Die Bevölkerung akzeptiert die Kombination aus offenen Grenzen für alle und einem offenen Sozialstaat für alle nicht länger.“

Zuvor hatte Winkel auch im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) klare Forderungen gestellt. „Die SPD hat sich zu Beginn der Verhandlungen durchgesetzt – ohne erkennbare Zugeständnisse zu machen“, sagte der Vorsitzende der CDU-Nachwuchsorganisation. „Wir als Junge Union erwarten daher, dass wir unsere Punkte bei Migration, Wirtschaft, Rente durchsetzen.“

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