Trumps Handelskrieg trifft auch die Alliierten in Europa. Wie passt das zusammen? Außenminister Rubio hat zwei Botschaften beim Treffen mit den Nato-Amtskollegen in Brüssel. Die eine dürfte für Erleichterung sorgen. Die andere eher weniger.

Marco Rubio ist so etwas wie das freundliche Gesicht der Trump-Administration - zumindest aus Sicht der Europäer. Er versteht den Nutzen der Nato. Er glaubt an Allianzen. Er ist ein Republikaner alter Schule - kein J.D. Vance, kein Elon Musk und kein Donald Trump. Bei seinem Besuch des Außenministertreffens in Brüssel ist also das angesagt, was Harmonie am nächsten kommt.

Rubio erfüllt die Erwartungen. Schon bei seinem ersten Statement am Donnerstag stellt er klipp und klar fest: Die USA bleiben in der Nato und rückt jeden Zweifel daran in die Nähe der Lächerlichkeit. Das dürfte für einige Erleichterung in Sicherheitskreisen sorgen. Denn Trump ist wahrlich kein Fan des Bündnisses. Er sieht die Europäer lediglich als Schmarotzer, die die USA ausnutzen und sich in Sachen Verteidigung einen schlanken Fuß machen.

Rubio hat aber auch noch eine andere Botschaft: Die Nato-Mitglieder sollen künftig fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben. Da würde es nicht verwundern, wenn manche Europäer ein entsetztes "Seriously?!" herausgerutscht wäre. Fünf Prozent - dahinter verbergen sich gigantische Summen. So große, dass man sich irgendwann fragen könnte, ob Europa dann überhaupt noch die Hilfe der USA bräuchte.

Gewaltige Summe für Deutschland

Deutschland hatte 2024 ein BIP von 4,4 Billionen Euro. Fünf Prozent davon wären etwa 220 Milliarden Euro. Das ist etwa die Hälfte des für das laufende Jahr geplanten Bundeshaushaltes. Der reguläre Verteidigungshaushalt Deutschlands liegt nur bei gut 50 Milliarden Euro, also bei nicht einmal einem Viertel davon. Natürlich hat die Bundesregierung die Möglichkeit, quasi unbegrenzt Geld für Verteidigung zu mobilisieren - der Lockerung der Schuldenbremse sei Dank. Aber solche Summen können gar nicht so schnell ausgegeben werden.

Selbst das Zwei-Prozent-Ziel, das Deutschland dank des Sondervermögens von 2022 erreicht, ist eine Kraftanstrengung. Zuletzt sickerte immer mehr die Einsicht durch, dass drei Prozent des BIP für die Verteidigungsfähigkeit notwendig sein werden. Das wären nach obiger Rechnung 132 Milliarden Euro. Selbst das sind schon schwindelerregende Summen. Fast scheint es so, als ob die Amerikaner immer noch einen drauflegen wollen, sobald sich die Europäer gerade mit einer Zahl angefreundet haben.

Außenministerin Annalena Baerbock betonte daher auch das Drei-Prozent-Ziel. Durch weitere Zusagen Deutschlands und vieler anderer Staaten sei man bei den Verteidigungsausgaben auf diesem Pfad, sagte die Grünen-Politikerin. Diesen Pfad werde man weitergehen. Die verstärkten Investitionen der Europäer seien "auch Investitionen in die gemeinsame transatlantische Sicherheit". Am Abschlusstag des Treffens diskutierten die Nato-Minister mit EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas über gemeinsame Aufrüstungsschritte.

Zölle widersprechen Nato-Gründungsvertrag

Ein Kuriosum dabei ist, wie die soeben von Trump erhobenen Zölle auch in dieses Thema hineinspielen. Das wurde auf der Pressekonferenz deutlich, die Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Mittag gab. Er räumte ein, dass ein Passus im Nato-Gründungsdokument, dem Washingtoner Vertrag, eine brisante Aktualität gewonnen hat. Darin heißt es, die Mitgliedsstaaten "werden bestrebt sein, Gegensätze in ihrer internationalen Wirtschaftspolitik zu beseitigen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen einzelnen oder allen Parteien zu fördern".

Rutte wich allen Fragen danach aus, ob Trump nicht nun genau das Gegenteil tue. Doch es geht dabei nicht um Paragrafenreiterei, sondern um konkrete Folgen der Zölle. Führen diese in den Nato-Staaten zur Rezession, sinkt das BIP. Damit sinkt aber auch die Zahlengrundlage für die Verteidigungsausgaben. Unterm Strich würde also weniger für neue Waffen ausgegeben. Das Gleiche gilt für eine drohende Inflation - werden Rüstungsgüter infolge der Zölle teurer, verpufft ein Teil der Ausgaben der europäischen Nato-Staaten.

Rubio weiß das alles. Doch er steht auch unter Druck. Jeder weiß, dass er eigentlich kein überzeugter Trump-Anhänger ist. 2015 wollte er selbst Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden und musste sich von Trump als "Little Marco" verspotten lassen. Damals, aber auch später noch, kritisierte er Trump scharf, bezeichnete ihn als für das Präsidentenamt ungeeignet. Später schwenkte er dann auf den Make-America-Great-Again-Kurs ein, so wie die allermeisten Republikaner. Die Gründe, warum er dennoch den Posten des Außenministers annahm, dürften eine Mischung aus Opportunismus und dem Wunsch sein, das Schlimmste zu verhindern.

Rubio kein MAGA-Jünger

Solche Köpfe gab es in Trumps erster Amtszeit einige, mittlerweile hat er sich aber mit treuen Ja-Sagern umgeben. Wenn es überhaupt noch eines Beweises dazu bedurft hätte, wäre das die Signal-Chatgruppe mit Verteidigungsminister Pete Hegseth und Vizepräsident J.D. Vance. Darin wähnten sie sich unter sich und lästerten dennoch über die Europäer. Die Vorwürfe, die Europäer seien Schwarzfahrer im amerikanischen Verteidigungszug, glauben sie also tatsächlich. Rubio ist ein ganz anderer Typ. Das zeigte sich, als Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office herunterputzte. Rubio saß auf einem Sofa und schien immer tiefer im Polster zu verschwinden, je länger die Runde dauerte.

Wenn er nun ans Lächerliche grenzende Forderungen aufstellt - fünf Prozent des BIP für Verteidigung - könnte das auch an die Heimat gerichtet sein. Trump soll sehen: Rubio macht den Europäern Druck, er zeigt Härte. Wer zu freundlich ist, lebt gefährlich. Das musste Trumps einstiger Beauftragter für die Ukraine und Russland erfahren. Den früheren General Keith Kellogg berief Trump im Februar, im März zog er ihn dann auf Wunsch des russischen Präsidenten Wladimir Putin von den Gesprächen über eine Waffenruhe in der Ukraine ab. Er war Putin zu kritisch. Wenn Trump eine Sache gerne tut, ist das Leute zu feuern. Das weiß auch Rubio.

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