Nach einem schweren Raketenangriff auf die ukrainische Großstadt Krywyj Rih mit vielen Toten und Verletzten wirft Kiew dem russischen Militär die Kriegführung gegen Zivilisten und den Einsatz von Streumunition vor. Neun Kinder und Jugendliche sowie neun Erwachsene seien bei dem Luftangriff getötet worden, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag auf X. Zudem kritisierte er die US-Botschaft in Kiew scharf.

Unter den Toten seien der dreijährige Tymofij, die siebenjährige Arina und der neun Jahre alte Herman. Es sei eine gewöhnliche Straße in einem Wohngebiet getroffen worden, wo es auch einen Spielplatz, Geschäfte und ein Restaurant gebe, schrieb der Präsident weiter. 62 Menschen seien zudem verletzt worden, darunter zwölf Kinder. Einige Personen schwebten weiter in Lebensgefahr, schrieb er.

Selenskyj dankte Außenministern und Botschaften, die nach dem Angriff vom Freitag ihr Beileid bekundet hatten. Die Reaktion der US-Botschaft sei jedoch überraschend enttäuschend, schrieb er. „Sie haben sogar Angst, das Wort ‚russisch‘ zu sagen beim Sprechen über die Rakete, die Kinder umgebracht hat.“ Die US-Botschafterin in Kiew, Bridget Brink, hatte sich in einem X-Post entsetzt darüber gezeigt, dass „eine ballistische Rakete in der Nähe eines Spielplatzes und eines Restaurants in Krywyj Rih eingeschlagen“ ist.

Moskau hatte den Angriff bestätigt, sprach aber von einem „Hochpräzisionsschlag“. Getroffen worden sei ein Restaurant mit ukrainischen Kommandeuren mit ihren westlichen Instrukteuren, hieß es. Die Rede war von 85 getöteten Soldaten und Offizieren. Zudem seien rund 20 Militärfahrzeuge zerstört worden. Zu zivilen Opfern machte Moskau keine Angaben.

Der Kiewer Generalstab schrieb auf Telegram von einer Lüge. Es habe sich um eine ballistische Rakete vom Typ „Iskander-M“ mit Streumunition gehandelt, die ein größeres Gebiet und möglichst viele Menschen treffen sollte. Autos und Garagen seien in Brand geraten und rund zwei Dutzend mehrstöckige Wohnhäuser beschädigt worden, hieß es.

Auf von ukrainischer Seite veröffentlichten Bildern von dem Ort des Angriffs waren keine Hinweise auf militärische Ziele zu sehen. Die Heimatstadt von Präsident Selenskyj liegt gut 70 Kilometer von der Frontlinie entfernt

Kiew nennt russischen Beschuss von Kraftwerken gezielt

Krywyj Rih reiht sich dabei nach den Worten Selenskyjs nur in die Serie jüngster russischer Angriffe auf zivile Objekte ein. In Charkiw seien so nach russischen Drohnenangriffen aus der Nacht zuvor mit fünf Toten und 34 Verletzten immer noch die Bergungsarbeiten im Gange. Auch der Treffer mit einer per Kamera gesteuerten Drohne in einem Kraftwerk könne kein Zufall sein – „die Russen wissen, dass es sich um eine Energieanlage handelt und diese Anlagen gemäß den Versprechen Russlands gegenüber der amerikanischen Seite vor jeglichen Angriffen geschützt werden müssen“, warf er Russland vor.

US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin hatten bei einem Telefonat als Minimalkonsens – eine völlige Waffenruhe lehnte Putin ab – ein Moratorium für Schläge gegen Energieobjekte ausgemacht. Kiew stimmte dem später zu. Seither werfen sich beide Seiten immer wieder vor, die Abmachung nicht einzuhalten. Selenskyj bat einmal mehr die USA um Konsequenzen.

Derweil berichtete in der Nacht zu Samstag der Gouverneur der russischen Region Samara, Wjatscheslaw Fedorischtschew, von einem ukrainischen Drohnenangriff auf einen Industriebetrieb in der Stadt Tschapajewsk. Es gebe Brände, aber keine Verletzten. In der Stadt befindet sich eine Sprengstoff-Produktionsanlage.

In seiner Videobotschaft ging Selenskyj aber auch auf ein Treffen ukrainischer Militärs mit Vertretern Frankreichs und Großbritanniens ein. Dabei seien Details zur Stationierung von deren Sicherheitskontingenten besprochen worden. Es gebe spürbare Fortschritte auf dem Weg zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine, lobte der Präsident. Paris und London führen eine „Koalition der Willigen“ an, die einen möglichen Frieden in der Ukraine absichern will.

Russland lehnt die Stationierung europäischer Truppen in dem von ihm angegriffenen Land als Bedrohung der eigenen Sicherheit strikt ab. In Washington hatte dabei der Kreml-Sondergesandte Kirill Dmitrijew erstmals überhaupt das Sicherheitsbedürfnis der Ukraine akzeptiert. „Manche Sicherheitsgarantien in irgendeiner Form könnten akzeptabel sein“, sagte er in einem Interview nach den Verhandlungen mit US-Vertretern. Näher ging er nicht auf das Thema ein. Er lobte allerdings die Gespräche mit den US-Vertretern.

Rubio: Müssen bald echte Fortschritte vom Kreml sehen

Die Einschätzung von US-Außenminister Marco Rubio klang weniger euphorisch: „Wir werden schon bald wissen, in wenigen Wochen, nicht in Monaten, ob es Russland mit dem Frieden Ernst meint oder nicht. Ich hoffe, dass sie es tun. Es wäre gut für die Welt“, sagte Rubio vor seiner Abreise aus Brüssel, wo ein Treffen von Außenministerinnen und Außenministern der Nato stattgefunden hatte.

US-Präsident Trump werde nicht in die Falle einer Reihe endloser Verhandlungen tappen. Wenn Moskau Frieden wolle, wäre das großartig. Wenn nicht, müssten die USA neu bewerten, „wo wir stehen und wie wir vorgehen.“ Es sei klar, dass Washington bald echte Fortschritte sehen müsse, „oder wir müssen zu dem Schluss kommen, dass sie nicht am Frieden interessiert sind“.

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