Bei einer Gedenkveranstaltung mit KZ-Überlebenden zur Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora vor 80 Jahren hat eine junge Teilnehmerin einen Eklat ausgelöst. Sie sprach bei der Präsentation eines Jugendprojekts in Weimar auf Englisch von einem „Genozid“ in Palästina. Einige Gäste äußerten ihr Missfallen mit Buh-Rufen.

Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens Christian Wagner, griff direkt ein: Es müsse um die unschuldig Getöteten dort getrauert werden können – aber von einem „Genozid“ zu sprechen, gerade an einem Ort wie Buchenwald gehöre sich nicht. Auch der Botschafter Israels, Ron Prosor, war zur Kranzniederlegung gekommen.

Die junge Teilnehmerin hatte darüber gesprochen, dass aus Buchenwald Lehren gezogen werden müssten – und man auch heute laut werden müsse bei Ungerechtigkeiten.

Zuvor sprach der 92-jährige Naftali Fürst, Überlebender der KZ Auschwitz und Buchenwald. „Wir sind nur noch sehr wenige, bald werden wir Ihnen endgültig den Stab der Erinnerung weitergeben und damit verleihen wir Ihnen eine historische Verantwortung“, so Fürst an die Zuhörenden. Neun KZ-Überlebende waren laut Stiftung bei der Kranzniederlegung.

Gedenkstättenleiter Wagner, sprach von einer großen Ehre, dass die hochbetagten Überlebenden aus Israel, Polen, Frankreich, Rumänien und Belarus, darunter zwei über 100-Jährige, für das Gedenken an den Ort ihres Leidens zurückgekehrt seien. Dieser Tag sei nicht nur ein Tag des Gedenkens, sondern auch Tag des Nachdenkens, was die Lehren aus den Nazi-Verbrechen von damals für uns heute bedeuten, sagte Wagner mit Hinweis auf den erstarkenden Rechtsextremismus und Rechtspopulismus.

Christian Wulff: AfD gefährdet Menschen

Auch Altbundespräsident Christian Wulff als Hauptredner warnte eindringlich vor der zunehmenden Verrohung und Radikalisierung der Gesellschaft. Verrohung sei das „schleichende Gift der Rechtspopulisten“, sagte Wulff und zitierte die Worte der heute 103-jährigen Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer: „So hat es damals auch angefangen“. Wenn Friedländer heute so etwas sage, „dann muss uns das antreiben“, sagte Wulff.

Er kritisierte die AfD deutlich. „Die Verharmloser der AfD ignorieren, dass die AfD mit ihrer Ideologie den Nährboden bereitet, dass sich Menschen in Deutschland unwohl fühlen und tatsächlich konkret gefährdet sind.“ Jene, die glaubten, man könne die AfD entzaubern durch Einbindung, lägen falsch. Nicht mit der AfD müsse man reden, sondern mit ihren Wählern.

Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) sagte, die damalige Nähe des KZ Buchenwalds zur Kulturstadt Weimar zeige, dass Bildung, Kunst und moralische Selbstvergewisserung nicht immun machten gegen das Böse: „Hier die Stadt der Klassik, dort der Ort der Barbarei“. „Goethe und Gewalt“ würden sich nicht ausschließen. Diese Unmenschlichkeit sei es, „die uns heute so fassungslos macht“, sagte Voigt.

Streit über Rede des Philosophen Boehm

Tagelang überschattete auch ein Streit über die Auswahl der Redner das Gedenken. Die Gedenkstätte sagte einen Auftritt des deutsch-israelischen Philosophen Omri Boehm ab. Hintergrund ist scharfe Ablehnung aus der israelischen Botschaft gegen Boehm, die ihm Holocaust-Relativierung vorwirft. Stiftungsdirektor Wagner hatte erklärt, er habe durch die Verschiebung der Rede verhindern wollen, dass die Überlebenden weiter in den Konflikt hineingezogen würden.

In das KZ Buchenwald bei Weimar und seine 139 Außenlager hatten die Nationalsozialisten seit dem Sommer 1937 etwa 280.000 Menschen verschleppt. 56.000 Menschen wurden ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten, durch Zwangsarbeit oder medizinische Experimente. US-Truppen erreichten das Lager am 11. April 1945.

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