Beim kleinen Parteitag der Grünen meldet sich noch einmal Kanzlerkandidat Robert Habeck zu Wort. Mit dem Wahlkampf seiner Partei sei er im Reinen, trotz eigener Fehler. Die Wahlkampagne von CDU und CSU hingegen attackiert Habeck scharf. Enttäuschte Unionswähler dürften sich nicht wundern.

Sechs Wochen nach der Bundestagswahl hat sich der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck beim kleinen Parteitag aus der ersten Reihe der Politik verabschiedet. Beim sogenannten Länderrat der Grünen im Berliner Westhafen ging Habeck vor allem mit dem Wahlkampf von CDU und CSU hart ins Gericht. "Die Vertrauenskrise, die die Union erleidet, die ist selbst verschuldet und sehentlich konstruiert worden. Selbst schuld, Union", sagte Habeck. In der CDU rumort es kräftig nach der Kehrtwende von Kanzlerkandidat Friedrich Merz beim Thema Schuldenbremse. In den Umfragen liegt die Union nur noch gleichauf mit der AfD.

"Wenn man einen Wahlkampf wissentlich und willentlich auf Unwahrheiten aufbaut, wie es die Union getan hat, dann erntet man nach dem Wahlkampf, was man gesät hat", so der noch geschäftsführend tätige Bundeswirtschaftsminister. Die Wähler von CDU und CSU "sollten sich nicht wundern, dass sie enttäuscht sind", sagte Habeck. "Sie haben die Enttäuschung gewählt." Nicht nur die AfD habe einen Wahlkampf geführt, der immer anderen die Schuld an Problemen gibt, allen voran Minderheiten. "Schönen Gruß nach Bayern", sagte Habeck. Auch die Union habe immer wieder die Ampel-Regierung und die Grünen einseitig für die Schwierigkeiten im Land verantwortlich gemacht.

"Die Ampel? Die schlechteste Regierung aller Zeiten!", erinnerte Habeck an Behauptungen der politischen Wettbewerber. "Bis man auf einmal merkt, dass man die schlechtesten Koalitionsverhandlungen aller Zeiten führt", sagte Habeck unter dem Applaus der Delegierten und Gäste des Länderrats. Er selbst habe mit den Grünen versucht, einen Wahlkampf zu führen, der Probleme und Herausforderungen ausspricht, "mit einer Politik, die ehrlich und offen auch Zumutungen benennt". Er sehe die Grünen "als progressive, ökologische, freiheitsliebende, Selbstbestimmtheit liebende Zukunftspartei, die die Republik zusammenhält". Dieses Angebot sei nicht angenommen worden.

Auch den Grünen seien im Wahlkampf Fehler unterlaufen, sagte Habeck. Der Wahlkampf hätte manche Themen stärker ansprechen können. Nach vier Mordanschlägen in kurzer Zeit sei die Situation für Bündnis90/Die Grünen schwierig gewesen, sagte Habeck. Auf dem Parteitag diskutieren die Grünen über mögliche Fehler im Wahlkampf und ihre künftige Ausrichtung. Nicht nur Parteilinke kritisieren dabei hart den Kurs der Parteispitze in Fragen der Migrationspolitik. Die Grünen seien als Menschenrechtspartei nicht mehr zu erkennen gewesen, so der Tenor und die Erklärung für die hohen Stimmenverluste der Grünen an die Linke.

Habeck lobte die offene Diskussion in der Partei. "Ich räume für mich ein, dass ich ein bisschen Zeit zum Nachdenken brauche", sagte Habeck. Er hatte bereits angekündigt, keine Rolle in der ersten Reihe der Partei mehr spielen zu wollen. Ob Habeck zumindest sein Bundestagsmandat ausüben wird, gilt als offen. Er bedankte sich für den Zusammenhalt der Grünen in den Wochen und Monaten des Wahlkampfs. Nie zuvor seien die Grünen so geeint gewesen. "Ich selbst gehe versöhnt aus diesem Wahlkampf", sagte Habeck, der unmittelbar nach der Bundestagswahl noch reichlich zerknirscht wirkte. "Es war mir eine Ehre", bekundete Habeck nun - und wurde mit lang anhaltendem, stehendem Applaus bedacht.

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