Die Pläne von Union und SPD, höhere Ausgaben für die Verteidigung und Infrastruktur durch ein milliardenschweres Kreditpaket zu finanzieren, kommen bei der Bevölkerung gut an. Im Deutschlandtrend hält es eine Mehrheit von 59 Prozent für richtig, dass der Bund „deutlich mehr Schulden“ aufnehmen will, um bei Bundeswehr sowie etwa bei Verkehr, Krankenhäusern, Bildung, Forschung oder Digitalisierung nachzurüsten.

In der Befragung, die Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT durchgeführt hat, lehnen lediglich 33 Prozent solche schuldenfinanzierten Ausgaben auf beiden Feldern ab. Das trifft auf besonders viele Anhänger von AfD und BSW zu, die ein solches Schuldenmachen zu jeweils fast zwei Dritteln für falsch halten. Besonders hohe Zustimmungswerte kommen dagegen von Grünen-Anhängern, unter denen etwa acht von zehn den Daumen heben. Unions-Anhänger zeigen sich mit 68 Prozent zwar ebenfalls in der Mehrheit einverstanden – allerdings deutlich weniger euphorisch.

Auch konnte der mutmaßlich künftige Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) offenbar kein Vertrauen aufbauen durch seinen Vorstoß. Im Gegenteil gibt nur noch ein Drittel der Befragten die Überzeugung zu Protokoll, der CDU-Vorsitzende werde „ein guter Kanzler“. Das sind drei Punkte weniger als beim Deutschlandtrend Anfang Februar.

Dagegen glaubt fast jeder zweite der 1325 Befragten ausdrücklich nicht an eine erfolgreiche Kanzlerschaft des CDU-Politikers. Das spiegelt sich auch in den schlechten Werten, die Merz bei der Frage nach der Zufriedenheit mit seiner Arbeit erhält. Mit 60 Prozent „Weniger/gar nicht zufrieden“-Antworten schneidet der Christdemokrat sehr schlecht ab.

„Sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ sind hingegen nur 30 Prozent mit Merz. Am besten schneidet Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit 62 Prozent ab. Danach folgt CSU-Chef Markus Söder (37 Prozent). Hinter Merz liegt bei der Zufriedenheit Lars Klingbeil (28), wobei der Partei- und Fraktionschef der SPD deutlich unbekannter ist als die anderen drei Politiker.

73 Prozent sorgen sich stark oder sehr stark um die Sicherheit Europas, und drei Viertel sind der Meinung, dass sich „die Nato-Partner auf den Schutz der USA gegenwärtig nicht verlassen können“. Das Ansehen der USA ist auf einen neuen Tiefststand im Deutschlandtrend eingebrochen: Nur noch 16 Prozent würden den Vereinigten Staaten als Bündnispartner vertrauen. Und von Donald Trump hat fast jeder zweite Bundesbürger eine schlechtere Meinung als noch zum Amtsantritt des US-Präsidenten. Nur 15 Prozent äußern sich wohlwollend über den Regierungschef, wobei die höchste Zustimmung aus den Kreisen der AfD-Anhängerschaft kommt – bei ihr hat sich die Meinung über Trump „verbessert“ (31 Prozent) oder ist „unverändert gut“ (21).

Das außenpolitische Auftreten der US-Administration lässt auch die Unterstützung für eine europäische Armee rapide wachsen. 71 Prozent und damit zwölf Punkte mehr als im April 2024 würden eine gemeinsame EU-Truppe begrüßen. Dabei stellen die Deutschen die Nato selbst keineswegs infrage. Doch eine größere Unabhängigkeit Europas von der Militärallianz findet immer größere Sympathien.

Maßgeblich zur Verunsicherung und zum Ansehenseinbruch der USA trug offenbar die Kehrtwende in der amerikanischen Ukraine-Politik bei. Viele Befragte sind davon überzeugt, dass Europa diesen Kurswechsel kaum wird kompensieren können: Die Idee, die EU könne ausbleibende US-Militärhilfen übernehmen, halten sechs von zehn Bundesbürgern für realitätsfern. Dazu seien die europäischen Staaten nicht in der Lage, so die Überzeugung. Das Gegenteil halten 28 Prozent für richtig.

Bei der Frage, ob sich Bundeswehr-Soldaten nach einem mit Russland ausgehandelten Waffenstillstand an einer möglichen Ukraine-Friedenstruppe beteiligen sollten, halten sich Zuspruch (43 Prozent) und Ablehnung (46 Prozent) ungefähr die Waage.

Insgesamt unterscheidet sich die bundespolitische Stimmung derzeit kaum vom Ausgang der Bundestagswahl. In der Sonntagsfrage entsprechen die Ergebnisse den gerundeten Wahlresultaten der Parteien: Die CDU/CSU kommt auf 29 Prozent, die SPD auf 16. Die AfD liegt bei 21 Prozent, die Grünen bei zwölf, die Linke bei neun und das BSW bei fünf. Lediglich die FDP würde mit drei Prozent noch klarer am Parlamentseinzug scheitern, als es am 23. Februar geschehen ist.

Für den repräsentativen Deutschlandtrend hat Infratest Dimap am 4. und 5. März 1325 wahlberechtigte Bürger in 790 Telefon- und 535 Online-Interviews befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten.

Politikredakteurin Hannelore Crolly ist bei WELT zuständig für landespolitische Themen, vor allem in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Zuvor war sie Wirtschaftskorrespondentin in Frankfurt, San Francisco und Brüssel.

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