Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin kritisiert die Verhandlungsstrategie der Union bei den Gesprächen mit der SPD zur Regierungsbildung kritisiert. Die Union habe sich durch frühe Zugeständnisse in eine schwierige Position gebracht, sagte er bei WELT TV.
„Es gibt, wenn man die AfD ausschließt, halt dann nur noch einen Partner: die SPD. Da ist natürlich die Frage, inwieweit man sich doch noch die Tür zu einem anderen Partner offen hält.“ Wenn es aber nur einen Partner gebe, „dann muss man eine Verhandlungsstrategie haben, die einem auch noch einen gewissen Hebel gibt“.
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Hier setzt die Kritik Sarrazins an: Das wichtigste Gut der CDU/CSU, „die Zustimmung zu einer Lockerung der Schuldenbremse“, sei bereits am Anfang vergeben worden. „Und jetzt fehlt es offenbar an einem Hebel, um die eigentlich wichtigen CDU/CSU-Vorstellungen bei Abgaben, Steuern, Migration, Asyl usw. durchsetzen zu können.“ Die SPD könne sich zurücklehnen und einfach „Nein“ sagen. „Sie weiß: Am Ende muss Merz, wenn er Kanzler werden will, irgendwo letztlich sich mit ihr einigen.“
Mit Blick auf mögliche Neuwahlen äußerte er sich skeptisch: „Auch der Hebel, den man da theoretisch noch hätte, zu sagen, wenn wir uns nicht einigen, machen wir irgendwann Neuwahlen, ist nun entfallen, weil die CDU/CSU fürchten muss, dass sie bei Neuwahlen die Partei ist, die relativ am stärksten verliert.“
Er verwies auf die jüngsten Umfrageergebnisse, nach denen der Abstand zwischen Union und AfD schrumpft. Im Insa-Sonntagstrend lagen CDU/CSU und AfD sogar erstmals gleichauf. „Dass die AfD jetzt in einer Umfrage bereits mit der CDU/CSU da gleichgezogen hat, ist natürlich auch ein Zeichen, dass sich hier etwas grundsätzlich verschiebt“, so Sarrazin.
Auch seine ehemalige Partei kritisierte Sarrazin. Die SPD verweigere „einfach grundlegende Reformen im Bereich Bürgergeld. Sie verweigert eine grundlegende Steuerreform. Sie verweigert grundlegende Einschnitte bei Migration und Asyl“.
Sein Fazit: „Ich finde das von der SPD, meiner ehemaligen Partei, wenig staatstragend.“
Sarrazin wurde 2020, im dritten Anlauf, aus der SPD ausgeschlossen. Die SPD-Spitze hatte Sarrazin vorgeworfen, mit rassistischen und islamfeindlichen Thesen das Ansehen der Partei zu beschädigen. Sarrazin hält an seiner Position fest. In diesem Jahr veröffentlichte er eine Neuauflage seines Bestsellers „Deutschland schafft sich ab“.
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